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Donnerstag, September 23, 2004

 
Politik & Gesellschaft

Wie man die Kirche im Dorf lässt

...titelte die Süddeutsche einen Artikel, in dem das Gewicht, das sogenannten "extremen" Parteien schon im Vorfeld von Wahlen überlassen wird, in Frage gestellt wird.

Etwas süffisant wird festgestellt, dass man im "politischen Betrieb" keine Angst vor den Vertretern jener Parteien haben muss, wenn es da eine Gefahr gibt sei diese wohl eher individuell durch biergedämpften pöbelnden und prügelnden Dumpfbacken, auf die man persönlich in freier Wildbahn treffen könnte, gegeben. Allerdings gilt ja auch noch der Erfahrungswert einer unseligen Vergangenheit:
[...] Weniger vornehm ausgedrückt: Die organisierten Rechtsextremen in Deutschland sind zu blöd, um in einem auf Debatte und Interessenausgleich beruhenden politischen System eine Rolle zu spielen, gar in den Parlamenten zu reüssieren.

Aber, hakt da der Besorgte mit historischem Bewusstsein ein, war das damals am Anfang nicht genau so? Gab es da nicht jene sieben Mann in einem Münchner Hinterzimmer, und kaum zehn Jahre später war die NSDAP die bestimmende Kraft in Deutschland? [...]

Zu Recht wird nun aufgeführt, dass das damalige Volk in seiner Mehrheit aus einem Weltkrieg und einer Monarchie kommend noch völlig die vertikale Staatslenkungsform von oben nach unten internalisiert hatte und somit mit dem Prinzip eines Parlamentes wenig anfangen konnte. Dazu kam, dass jene, die damit etwas anfangen konnten, dieses Parlament, wie soll man sagen - schlicht zu idealistisch? konzipiert haben und damit auf allen Seiten Erfahrung fehlte. Erfahrung mit den Wegen, zu denen hierarchische Gemeinwesen führen können ebenso wie demokratische, wenn Mehrheiten nicht als gesellschaftlicher Konsens sondern nur als andere Meinung mit nicht mehr Gewicht als irgendeine Einzelmeinung bewertet wird.

Somit gilt das Argument: "Aus Erfahrung klug" ist unser heutiges Gemeinwesen als Gesamtes gesehen, und eine Gefahr ist dann schon keine mehr, wenn man sie erkennen kann als eine solche.
[...] Das 20. Jahrhundert war die blutigste Lernphase der europäischen Geschichte. An ihrem Ende steht die Erkenntnis, dass das Streben nach einem perfekten politischen System unter einer obersten Autorität geradlinig mindestens in die Unfreiheit und den Spitzelstaat, im schlimmsten Fall in den Massen- und Völkermord führt. [...]

Dem hinzufügen kann man: und das weiß auch jeder. Manche wollen es vielleicht nicht wissen, aber die sind - politisch gesehen, also für das Gemeinwesen als Ganzes - keine Gefahr mehr. Freundlicherweise erinnern sie das Gemeinwesen aber auch immer wieder aufs Neue an die gemachten Erfahrungen, so dass man den Dummbarzen sogar dankbar sein darf: sie sorgen brav selbst dafür, dass nicht vergessen wird, was mal passierte, als eben solche Spacken was zu sagen hatten.
[...] In Deutschland haben wir im vergangenen Jahrhundert zu unserem Leid und dem unserer Nachbarn all diese Varianten mutwillig ausprobiert. Dies hat, wenn auch allmählich, dazu geführt, dass die ganz und gar nicht perfekte Demokratie hier zu Lande zu recht als alternativlose Organisationsform des Gemeinwesens im Sinne des Wortes selbstverständlich geworden ist.

Die Radikalen stehen heute so weit außerhalb des gesellschaftlichen Konsenses, dass bei deren Bekämpfung manchmal sogar über Mittel nachgedacht wird, die bei jenen Hypersensiblen, die Deutschland immer noch relativ nahe an den Abgründen des 20. Jahrhunderts sehen, die Alarmglocken schrillen.

Auch dies übrigens ist ein Charakteristikum unserer gefestigten Demokratie: Weil wir wissen, wie böse wir waren, und es etliche gibt, die glauben, dass wir es immer noch sein können, erfährt der Alarmismus bei uns eine Dauer-Hausse. [...]

Nun könnte man ja meinen, hier würde zu einem Ignorieren aufgerufen - das allerdings wäre fatal, denn Ignoranz würde zum Vergessen führen und damit dahin, dass die gemachten Erfahrungen wieder verblassen und aus dem Erfahrungsschatz herausfielen.

Aber zum Glück stand am Beginn des Artikels ja ein anderes Wort: "Souveränität" - und genau das ist es dann: ein Gemeinwesen, das weiß, was es will, wo es herkommt - und vor allem auch warum - kann souverän mit diesen Leuten, Ideologien, Tendenzen usw. umgehen, ohne selbst in Hysterie (oder "Alarmismus", wie es im Artikel heißt) verfallen zu müssen. Wenn es dazu noch ein wenig Erfahrung braucht, dass braune Torfköppe in Parlamenten keinen Stich machen, ist das wohl erstmal so. Vielleicht kapieren das dann auch mal die Dummbeutel, die an solche Nasen ihre Stimmen verschwenden und garnicht merken, dass sie damit sich selbst ihre demokratischen Rechte und Einflussmöglichkeiten in den Lokus spülen.

von Hellblazer 13:30 | Einzelansicht & Kommentare (2)


Kommentare:

Kurz zusammengefaßt: das heutige Deutschland ist nicht mehr die Weimarer Republik Anfang der Dreißiger Jahre und mit dieser nur bedingt vergleichbar.


jepp. und zwar wegen Weimar ;-)


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