Wie sehen völkische Rassisten aus?

20. Januar 2011 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Dass Rechtsextremisten nur selten wie Kino-Nazis aussehen, dass der „Nazi-Skin-Look“ – Schnürstiefel mit weißen Schnürsenkeln, Bomberjacke, Glatze – auch bei den gerne „handfest“ agierenden „kackbraunen Kameraden“ eher „out“ ist, und dass sich „autonome Rechte“ sich gern nach dem Vorbild autonomer Linker kleiden, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben.

Trotzdem halten sich sich Klischees, wie deutsch-völkische Rassisten, etwa vom die vom Nazitruverein „Artgemeinschaft“ sich kleiden (sehr konservativ und bieder, gern auch an Volkstrachten angelehnt). Zum Klischee gehört auch, das die Mitglieder in so einem Germanenzuchtverein blond sind und jede Menge Kinder haben.
Petra Müller ist Mitglied der „Artgemeinschaft“ und ihr siebtes Kind machte Schlagzeilen: Siebtes Kind von Nazi-Eltern – Wulff will Ehrenpate bleiben (taz).
Trotzdem entspricht sie rein äußerlich nicht dem Klischee, wie Alan Posener bemerkte:

Typisch Ökotante: Petra Müller trägt einen langen Rock aus filzigem Material, Wollsocken, Gesundheitssandalen; um den Hals hat sie einen Schal aus selbst gewebtem Stoff gewickelt, die dunklen Haare sind zu einem strengen Knoten gekämmt, das frische Gesicht sieht aus, als ob sie daran nur Wasser und Seife ließe. Aus braunen Augen sieht sie mich freundlich an. Das soll eine führende Gestalt der rechtsextremen Szene sein? Lächerlich!

Die netten Ökofaschisten

In der Tat versucht Petra Müller ihr nicht klischeegemäßes Aussehen als „Argument“ anzubringen, als die Rede auf die Gesellschaft für biologische Anthropologie kommt, deren Vorsitzender ihr Mann Marc ist:

Und „biologische Anthropologie“? Mit Rassenkunde und Rassereinheit habe das gar nichts zu tun. „Schauen Sie mich an. Sehe ich arisch aus?“ Nein, aber der Hitler habe auch nicht gerade … „Na, blaue Augen hatte der aber gewiss.“ Stimmt.

Selbstverständlich ist das „Argument“ genau so dünn wie Marc Müllers, der bei einer Gemeindesitzung mit der Begründung „ich bin nicht in der NPD“ abstritt, in der rechtsextremen Szene aktiv zu sein.

Haarfarbe hin, Augenfarbe her: offensichtlich gehört Petra Müller zur richtigen „Rasse“, im „Artgemeinschaft“-Jargon „Menschen unserer Art“ genannt, sonst hätte sie nicht Mitglied werden können, wie es auf der leider „Asatru.de“ heißenden „Artgemeinschaft“-Website heißt:

Mitglied der Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft e.V. kann jemand werden, wenn er ersichtlich unserer Menschenart angehört, keiner anderen religiösen Gemeinschaften angehört, die Grundsätze unseres Glaubens (das Artbekenntnis) und unsere sittlichen Grundlagen (das Sittengesetz unserer Art) bejaht und dies auch in Form einer freien Willenserklärung zum Ausdruck bringt.

(Hervorhebung von mir MartinM.)

Was darunter zu verstehen ist, präzisiert ein Flyer der „Artgemeinschaft“:

Wen nehmen wir als Mitglied auf?
Wer mindestens 12 Jahre alt und in keiner anderen Bekennt- oder Religionsgemeinschaft ist, das Artbekenntnis und das Sittengesetz unserer Art ohne Einschränkungen bejaht und überwiegend nordisch-fälische Menschenart verkörpert.

(Hervorhebung wieder von mir, MartinM)

Um zu beurteilen, was es mit der „nordisch-fälischen Menschenart“ auf sich hat, muss man wissen, dass die „Artgemeinschaft“ und die „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung“ sich auf die Werke Hans F. K. Günthers („Rasse-Günther“) und auf Jürgen Riegers Buch „Rasse: Ein Problem auch für uns!“ stützen.
Nach Günthers Hauptwerk „Rassenkunde des deutschen Volkes“ sind die körperliche Merkmale der „nordische Rasse“: hochgewachsen, langköpfig (dolichopral), schmalgesichtig mit ausgesprochenem Kinn, schmale Nase mit hoher Wurzel, weiches, helles Haar, helle Augen, rosigweiße Haut.
Die Merkmale der „fälische Rasse“ („fälisch“ wie in „Westfalen“) sind:
sehr hochgewachsen , lang bis mittelköpfig (mesopral), breitgesichtig mit ausgesprochenem Kinn und breitem Unterkiefer („fälischer Quadratschädel“), Nase von mittlerer Breite, helles Haar, in niedrigen Höhlen liegende helle (blau – blaugraue) Augen, helle Haut.

Daraus lässt sich ableiten, dass die „rassischen“ Aufnahmekriterien der „Artgemeinschaft“ im Grunde strenger sind als die der SS, für die ein Anwärter mindestens „Rasse II“ haben musste:

I. Rein nordisch und rein fälisch, erbgesundheitlich und leistungsfähig erstklassig.

II. Vorwiegend nordisch und fälisch mit harmonischem Einschlage von dinarisch und westisch, ferner ausgeglichene Mischlinge von nordisch-fälisch mit dinarisch und westisch; ferner Dinarier, soweit sie nicht dem Gesamtrassenbilde des deutschen Volkes zu fremd erscheinen.

(Um diese Rassenquasslerei zu illustrieren: Mohammed Amin al-Husseini, Mufti von Jerusalem, war Mitglied der SS und erfüllte durchaus die dafür nötigen „rassischen“ Kriterien.)

Die „Artgemeinschaft“ setzt sich für „gleich geartete Gattenwahl als Gewähr für gleich geartete Kinder“ ein.
Das heißt nicht nur, dass Blonde möglichst mit Blonden Kinder zeugen sollen, sondern auch, dass Dunkelhaarige das mit Dunkelhaarigen tun sollten (vorausgesetzt wenn beide ansonsten „überwiegend nordisch / fälisch“ sind). Auch in der „Artgemeinschaft“ kennt man die Mendelschen Gesetze: das Allel für blondes Haar wird rezessiv vererbt (vereinfacht gesagt, tatsächlich sind über 50 Gene daran beteiligt). Kinder zweier Dunkelhaariger können demnach blond sein, wenn bei den Eltern das Allel für blonde Haare in unterdrückter Form vorliegt und sie beide dieses Allel und nicht das für dunkle Haare an ihr Kind weitergeben.

Wenn man das weiß, und sich außerdem klar darüber ist, dass die deutsch-völkische Bewegung aus dem „rechten Flügel“ der Lebensreform hervorging, dann ist es nicht weiter erstaunlich, dass eine führende Artgemeinschaftlerin keine klischeehafte Nazi-Blondine im Trachtenkleid, sondern eine braunhaarige Ökotante sein kann. (Ein Slogan der „Artgemeinschaft“ lautet: „Ökologisch denken – naturgemäß leben – artgemäß glauben“.)

Außerdem wissen die „Artgemeinschaftler“ sehr wohl, dass auch sie nicht reinrassig sind. Das steht ja sogar beim Günther, der allenfalls den ausgestorbenen (genauer: ausgerotteten) Ureinwohnern Tasmaniens und einigen abgelegen lebenden Eskimos zubilligte, „reinrassig“ zu sein.

Selbst Jürgen Rieger gab zu, dass er nicht reinrassig ist, in diesem legendären Interview, das er Mo Asumang 2007 gab:

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4 Kommentare
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  1. Fundsache zum Thema:

    Auch hier aber gilt die Erkenntnis: Entscheidender als die Haarfarbe ist der Charakter des Menschen. Der einzelne gehört im wesentlichen zu der Rasse, zu deren Tugenden er sich durch die Tat bekennt.

    aus dem „Leitheft der SS zur Gattenwahl“ (1938)

  2. […] in Rage bringt: Es gibt leider eine ganze Reihe von Menschen – gerade in der neuen Rechten -, die versuchen in der Neuheiden-Szene Fuss zu fassen. (Natürlich besonders bei den Asatru, aber nicht nur dort.) Mal von Komplettverleugnern abgesehen […]

  3. […] Thema: Neues über braune Ökos Artamanen – die “netten” Ökofaschisten vom Dorf Wie sehen völkische Rassisten aus? Braune Flecken im Biogarten Tags: antifa, Artamanen, Artgemeinschaft, Demokratie, […]

  4. […] Die Siedler des rassistischen “Arierzuchtvereins” “Artgemeinschaft” sind Teil des Problems der “völkischen Siedler”, z. B. der “Neo-Artamanen”. Wobei man diesen “netten” neuen Dorfnachbarn nicht unbedingt ansieht, dass sie völkische Rassisten sind. […]

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