Wann „rechtsaußen“ bei Wahlen keine Chance hat

2. März 2011 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl geht die NDP leer aus – sie erhält keine finanzielle Vergütung für ihren Wahlkampf. Die Partei hat die dazu notwendige Marke von einem Prozent der Wählerstimmen knapp verfehlt und landete bei 0,9 Prozent.

Nun sind 0,9 Prozent Wählerstimmen für eine offen antidemokratische und erkennbar neo-nazistische Partei 0,9 Prozent zu viel. Aber trotzdem ist es für „Nicht-Faschos“ erfreulich, dass die NPD die „1-Prozent-Hürde“ verfehlte.
Durch das schlechte Abschneiden wird die NPD in den kommenden Jahren auf ihre normalen Mitgliederbeiträgen und gelegentliche Spenden angewiesen sein und entsprechend wenig Handlungsspielraum haben. Glaubt man dem Verfassungsschutz (ich halte Angaben dieses Inlandsgeheimdienstes für nur eingeschränkt vertrauenswürdig, MM), dann hatte die Bundespartei es abgelehnt, den Hamburger Landesverband finanziell zu unterstützen. Wenn es dem Hamburger NPD-Vorsitzenden Thomas „Steiner“ Wulff nicht gelungen wäre, von dem inzwischen über 90 Jahre alten Rolf Hanno, der zu den Gründungsmitgliedern der Hamburger NPD gehört, einen größeren Geldbetrag zu erhalten, hätte die Hamburger NPD ihren Wahlkampf kaum führen können: Bürgerschaftswahl auch finanziell ein Misserfolg für die NPD. Über den Tag und über die engen Grenzen Hamburgs hinaus gibt dieses Wahldebakel Hinweise darauf, was gegen den „braunen Dreck“ hilft.

Was hilft, sind Gegendemonstrationen. So mussten Wahlkampfkundgebungen auf dem Gänsemarkt oder in Harburg aus Sicherheitsgründen von der Polizei abgeschirmt werden, und die Beteiligung von Rechtsextremisten war durchweg spärlich (Beispiele: Gänsemarkt am 12.02.2011: 40 bis 50 Rechtsextremisten; Wahlkampfauftakt in Rissen im Dezember 2010: 17 Anhänger). So sehr es viele Antifaschisten ärgert, wenn Polizisten Neonazi-Kundgebungen schützen: Massive Polizeipräsenz schreckt ab. Zahlreiche Gegendemonstranten zeigen, dass es mit der Behauptung, dass die „Straße“ den Rechten „gehören“ würde, nicht weit her ist.
Das Problem bei rechtsextremen Gruppen sind ja weniger das braune Häufchen Fanatiker, als die vielen Mitmacher und Gutfinder. Wenn sich solche tendenziell autoritären Persönlichkeiten in der Position des verachteten Außenseiters finden, verlässt sie erfahrungsgemäß der Mut.
Hingegen wäre bei offener Gewalt gegen sie für die Neonazis „die Welt in Ordnung“, sie könnten sich öffentlich als Opfer der bösen, bösen Linken darstellen.

Wichtig für demokratische Politiker ist es, auf keinen Fall mit dem erklärten Lieblingsthema der Neonazis auf Stimmenfang gehen zu wollen, dem „Ausländer“-Thema!
Das von der NPD in den Vordergrund gestellte Thema „Ausländer“ (z.B. mit der Parole „Kriminelle Ausländer raus!“) spielte im Bürgerschaftswahlkampf und in den Hamburger Medien praktisch keine Rolle. Anders wäre es wahrscheinlich gekommen, wenn z. B. der angeschlagene CDU Spitzenkandidat Günter Ahlhaus nach dem Vorbild Roland Kochs versucht hätte, sich mit dem Thema „Ausländerkriminalität“ zu profilieren.
Wichtig ist auch die immer wieder bestätigte Erfahrung, dass ausländerfeindliche bzw. rassistische Hetze dort am „Besten“ funktioniert, wo es kaum „Ausländer“ und „Nichtweiße“ gibt. Der Ausländeranteil in Hamburg war im Dezember 2006 14,2 % – hinzu kommen deutsche Staatsangehörige, die bei Rechtsextremisten als „keine echten Deutschen“ wahrgenommen werden.

Glaubt man dem Verfassungsschutz, dann dürfte es in rechtsextremistischen Kreisen in Zukunft Diskussionen darüber geben, ob im Wahlkampf unter der Regie von Thomas „Steiner“ Wulff die richtige Strategie verfolgt worden sei.
Wulff tritt, noch stärker als sein verstorbener Amtsvorgänger Jürgen Rieger, offen als Neonazi in Erscheinung.
Daraus ergibt sich, dass es hilfreich ist, die NPD offen als das darzustellen, was sie ist, nämlich eine Nazi-Partei. Dieses Mal war das, „dank“ Wullf, ziemlich einfach, aber auch bei „bürgerlich“ auftretenden Nazis funktioniert diese Taktik.

Übrigens: Die Schuld am Wahldebakel gibt die NPD laut VS bislang mit dem üblichen verschwörungstheoretischen Duktus den politischen Gegnern (den „BRD-Blockparteien“ sowie der „SED, jetzt unter dem Namen LINKE“), der angeblichen „Hetzkampagne der Medien“ sowie den Wählern selbst (von den Rechtsextremisten als „Hammelherde der Dummen“ bezeichnet). Ich halte diese Angaben des VS für durchaus glaubhaft.

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