Timbuktu: Zerstörung von historischen Monumenten vor dem Internationalen Strafgerichtshof

19. August 2016 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Es ist keine wirklich gute Nachricht, aber ein Hoffnungsschimmer:
Erstmals gibt es einen Prozess um das Kriegsverbrechen der Zerstörung von Weltkulturerbe.

Als in der Oasenstadt Timbuktu islamistische Fanatiker historisch bedeutsame Mausoleen zerstörten, löste das 2012 weltweit Entsetzen aus – vor allem unter Moslems.
Ab dem 22. August 2016 hat die mutwillige Vernichtung von Kulturerbe ein juristisches Nachspiel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.

Der Prozess ist gleich in mehrerer Hinsicht eine historische Premiere. Zum ersten Mal steht ein mutmaßlicher Dschihadist in Den Haag vor Gericht, ein Rebellenführer des Al-Kaida-Verbündeten Ansar Dine. Vor allem aber ist es das erste Verfahren, in dem es um ein keineswegs einmaliges, aber bisher noch nie vom „Weltgericht“ geahndetes Kriegsverbrechen geht – die Zerstörung von UNESCO-Weltkulturerbe.

Timbuktu, die „Perle Malis“, ist seit Jahrhunderten ein Zentrum des Transsaharahandels. Die einst legendär reiche Stadt war lange Zeit das kulturelle Zentrum Westafrikas und war im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit eine der wichtigsten Stätten islamischer Gelehrsamkeit. Die um 1330 gegründete „Universität von Sankoré“ war über den islamischen Kulturkreis hinaus berühmt.

2012 zerstörten Angehörige der Ansar Dine und der AQMI (Al-Qaïda au Maghreb Islamique) unter anderem die zum UNESCO-Welterbe gehörenden Mausoleen der Scheichs Sidi Mahmud Ben Amar, Sidi Mahmud und Sidi Moctar und des Gelehrten Alpha Moya. Insgesamt zerstörten die Dschihadisten 14 der 16 „Heiligengräber“ Timbuktus und eine Moschee. Der Rebellenführer Ahmad al-Faqi al-Mahdi, auch als Abu Tourab bekannt, soll die Zerstörung geplant, vorbereitet und ausgeführt haben.

Gemäß der „puritanistischen“ Islamauffassung dieser salafistischen Dschihadisten ist jeder „Ahnenkult“ verboten und seine Stätten, genau so wie die Stätten des vorislamischen und nicht-islamischen „Götzendienstes“, zu vernichten. Selbst die Gotteshäuser der „Buchreligionen“, also Kirchen und Synagogen und sogar Moscheen „abweichlerischer“ Moslems werden, entgegen der islamischen Tradition, nicht verschont. Das erklärt auch, wieso die „Gotteskrieger“ auch nicht davor zurückschreckten, eine kulturhistorisch bedeutsame Moschee zu demolieren.
Ihre religiös gerechtfertigte Ideologie entspricht weitgehend jener des Daesch (hierzulande besser bekannt als IS, „islamischer Staat“), die wie in der syrischen Stadt Palmyra systematisch Kulturgut, das ihnen nicht passt, vernichtet.

Die Anklage will mit Prozess ein über den konkreten Fall herausgehendes Zeichen setzen: „Hier geht es nicht nur um Mauern und Steine“, erklärte Chefanklägerin Fatou Bensouda. „Es geht um einen eiskalten Anschlag auf die Würde und Identität der Bevölkerung und ihre religiösen und historischen Wurzeln.“

Für die UN-Kulturorganisation UNESCO ist der Prozess ein wichtiger Präzedenzfall, ein Signal gegen die bisherige Straffreiheit, auch mit Blick auf Syrien und den Irak.

Welterbe-Zerstörung als Kriegsverbrechen (Deutsche Welle)

Historischer Prozess um islamistische Zerstörungen in Timbuktu (Kurier.at)

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