Thorshammer ist ein Hammer

19. Juni 2014 | Von | Kategorie: Wissenschaft

Das ist doch der Hammer! Nachdem ein Thorshammer mit der Runeninschrift „Das ist ein Hammer“ gefunden wurde, ist entgültig klar, dass die als Thorhammer bezeichnenten Amulette tatsächlich Hämmer darstellen.

Thorshämmer sind an sich nicht selten: Über 1000 dieser wikingerzeitlichen Amulette wurden in Skandinavien, Russland, Großbritannien und den baltischen Staaten gefunden, mit einem gewissen Schwerpunkt im heutigen Dänemark und Südschweden. Die Fundorte sind Gräber, Horte oder einfach nur Zufallsfunde, dort, wo irgendjemand seinen oder ihren Anhänger verloren hatte. „Ihren“, weil Thorshämmer weitaus häufiger in Frauengräbern als in Männergräbern gefunden wurden, was nahelegt, dass der Thorshammer vor allem von Frauen getragen wurde. Die Anhänger bestehen fast alle aus Metall, wobei fast alle damals gebräuchlichen Metalle verwendet wurden: Eisen, Blei, Bronze, Silber und sogar Gold. Es wurden auch Thorshämmer aus Bernstein und aus Walrosselfenbein gefunden. Thorshammer kamen um 800 auf, der Höhepunkt ihrer Verbreitung lag im 10. Jahrhundert.

Thorshämmer mit Inschriften sind jedoch selten. Die Runen-Inschrift eines vor Kurzem auf der dänischen Insel Lolland gefundenen Thorshammer ist sogar einzigartig.

Die Inschrift in einer Variante des jüngeren Futhark lautet „Hmar x is“ wörtlich: „Hammer ist“ also „Das ist (ein) Hammer“. Das „x“ markiert ein Trennungszeichen. Die Runologin Lisbet Imer vom Nationalmuseum in Kopenhagen erklärt, dass die Runen normale wikingerzeitliche Runen sind, bis auf die spiegelverkehrte S-Rune. Sie glaubt, dass der Runenritzer bzw. die Runenritzerin nicht sehr geübt war, weil er (oder sie) auch vergaß, das erste ‚a‘ im Wort „hamar“ zu schnitzen.

Der Archäologe Peter Pentz ist sehr zufrieden über die neuen Entdeckung, dem nicht mehr als 2,5 cm hohen Hammer. Das würde zeigen, dass die kleinen Hämmer das sind, was sie sind: Hämmer.

Wieso gab es überhaupt Zweifel daran, dass ein Hammer ein Hammer ist?

Es gibt Mediävisten (Mittelalterkundler), die annehmen, dass die Amulette nicht von einer heidnischen Verehrung des Gottes Thor zeugen. Ihr Ansatzpunkt ist, dass die als Thorshämmer bekannten Schmuckstücke gar nicht wie richtige Hämmer aussehen. Die Stiele sind zu kurz, und die zweischneidige, symetrische Form ist nicht typisch für Hämmer des 10. Jahrhunderts.
Wenn aber die Amulette gar keine Hämmer waren, können sie nicht mit dem Gott Thor, dessen Attribut ein Hammer ist, in Verbindung gebracht werden. Damit wäre auch die gängige Deutung, dass die Thorshämmer Teil oder Symbol einer heidnischen Reaktion auf das vordringende Christentum mit seinen Kreuzanhängern als Glaubenssymbol waren, hinfällig.

Historiker sind (meistens) schon von Berufs wegen skeptisch. Es gibt außerdem gerade unter den Mediävisten ein gesundes und oft begründetes Misstrauen gegenüber Texten, die oft erst nach Jahrhunderten mündlicher Überlieferung verschriftlicht wurden. Etwa gegen die schon aus christlicher Zeit stammende Snorri-Edda, in der der kurze Stil von Thors Hammer Mjölnir durch einen Streich Lokis, der in eine Bremse verwandelt, die die Zwergen Sindri und Brokk, die den Mjölnir schmiedeten, stach, mythologisch erklärt wurde: Wegen der Bremsenstiche wurde der Hammer nicht ganz fertig. Das könnte auch eine nachträgliche Deutung der kurzstiligen Anhänger sein, die zu einer Zeit entstand, als die vorchristliche Deutung der Amulette längst verloren gegangen war.
Es gibt außerdem seit eh und je Bestrebungen stark christlich orientierter Historiker, die Christianisierung des Nordens als möglichst reibungslosen und vom Volk begrüßten Vorgang darzustellen, gegen den nur einige Verstockte systematisch Widerstand leisteten. Da passt eine offensichtlich breite „Gegenbewegung“, die sich mit Thorshämmern zum Heidentum bekannte, nicht ins Bild.

Der Archäologe Peter Pentz betont übrigens, dass der Thorshammer wahrscheinlich ein Schutzamulett war, weshalb auch Thorshämmer und christliche Kreuze zusammen auftreten, als doppelter Schutz.

Außerdem sind auch Historiker nicht dagegen gefreit, mit möglichst sensationellen „unorthodoxen“ Deutungen nach Aufmerksamkeit zu streben.

Medievalhistories.com: Thor’s Hammer

Det vidste du ikke, der var tvivl om, men: Thors Hammer ér en hammer! (Videnskab.dk) (Mit Abbildungen und Video)

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