Starhawk fordert Christen auf, sich für Hexenverfolgung zu entschuldigen

14. April 2009 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Die „Star-Hexe“ und Ökofeministin Starhawk fordert sowohl von der katholischen Kirche wie von den protestantischen Kirchen eine Entschuldigung für deren Beteilung an der Verfolgung von Hexen, Heiden und „Ketzern“:

It’s more than time that the Catholic and Protestant Churches both apologized for centuries of persecution of Witches, Pagans and those they deemed ‚heretics‘ for believing something different than standard dogma

Dabei zielt ihr Appell vor allem auf die katholische Kirche ab, so erwähnt sie die „Hexenbulle“ Papst Innozenz VII. von 1484, und den Malleus Maleficarum.
Time to Apologize to Witches

Interessant, trotz reichlicher Polemik und einiger Verdrehungen, ist die Entgegnung des katholischen Journalisten David Gibson in seinem Blog „Pontification“: Wicca Smackdown: Starhawk calls out the Pope! (Wobei Gibson den Eindruck erweckt, Starhawks tatsächlich allgemein gehaltener Appell sei speziell an Papst Benedikt XVI. gerichtet.)
Gibson weist darauf hin, dass Starhawk nicht die Bemerkungen des Papstes über Aberglauben / Hexenglauben in in Afrika zitiert. (In einer Predigt in Angola wandte sich Benedikt XVI. gegen Hexerei und Geisterglauben. Die Kirche müsse die Angst vor bösen Mächten und Geistern durch die Verbreitung der christlichen Botschaft vertreiben. Benedikt sprach sich für stärkere Missionierung aus. Hierzu: Papst will den Afrikanern die Hexerei austreiben (welt.de).)
Laut Gibson würde Starhawk Akte der Entschuldigung, wie das Schuldbekenntnis Papst Johannes Pauls II. im Jahr 2000 vergessen, in dem er im Namen der katholischen Kirche um Entschuldigung für Fehler und Sünden wie die Glaubenskriege, die Inquisition und Judenverfolgungen bat.

Gibson räumt ein, dass „Hexen“ (oder die, die in verschiedene ähnlich Kategorien eingeordnet werden) zu oft Opfer wären, was der Papst in Afrika anerkannt hätte. Die „Vorstellungskraft, Intuition und Magie“ die Starhawk zitiere, würden aber auch schrecklichen Misshandlungen und entsetzliche Verbrechen in Afrika und anderswo befeuern. Der Papst hätte sich auch dagegen ausgesprochen.

Did Starhawk? Perhaps she or her clan spoke out against abusive withcraft and superstition and neo-paganism during the papal visit to Africa, but I didn’t see it.

Die „Retourkutsche“ Gibsons an Starhawk, sie oder ihr „Clan“ möge sich gegen missbrauchende Hexerei, Aberglauben und Neuheidentum wenden, verkennt meiner Ansicht nach drei Tatsachen:

  • Zum einen sind afrikanische Hexen / Schadenzauberer und schon gar nicht deren „abergläubischen“ Verfolger „Glaubensgenossinnen“ Starhawks oder anderer amerikanischer oder europäischer Hexen und Heiden, geschweige denn, dass sie oder andere Wicca in irgend einer Weise aktiv in die heutigen Hexenverfolgungen in Afrika verwickelt wären oder auch nur irgend einen Einfluss auf die afrikanischen Hexen, „Witchdoctors“ oder Hexenjäger hätten. Während die Amtsvorgänger Ratzingers, sowohl als Papst wie als Leiter der vatikanischen Glaubenskongregation (bis 1908: Heilige römische Inquisition), sehr wohl in die europäische Hexen- und Ketzerverfolgung involviert waren, und der Papst über die katholische Geistlichkeit starken gesellschaftlichen Einfluss auch in Afrika hat.
  • Obwohl der europäische und der afrikanische Hexenbegriff nicht übereinstimmen, erinnern Ablauf, Ursachen und Auswirkung sehr stark an die Hexenjagden der frühen Neuzeit: Auch die heute als „Hexen“ verfolgten Frauen sind unschuldige Opfer. Persönliches Unglück wird auf Schadenzauber oder Geisterbessenheit zurückgeführt. Priestern traditioneller Kulte, aber auch christlichen Priestern, z. B. der in Nigeria mächtigen Pfingstkirchen, versuchen die „Hexen“ zu „bannen“, die Geister auszutreiben und auch, die „Hexen“ zu vernichten. Auch gibt es immer wieder Fälle, in denen Schadenzauber-Hysterie in Lynchmorde umschlägt. Neben Außenseiterinnen, alten oder kranken Frauen sind auch Frauen, die „zu reich“ sind oder Frauen, die sich zu selbstbewusst zeigen, oft Opfer. Wer da nur „alten afrikanischen Aberglauben“ am Werk sieht, den es auszumerzen gelte, greift zu kurz – zumal der Papst, wie früher die Kolonialherren, nicht zwischen Schadenzauber und Abwehrzauber unterscheidet.
  • Da die katholische Kirche nach wie vor den Exorzismus „im Angebot“ hat, und da auch ihre Missionare, wie ihre evangelikalen Kollegen, den christlichen Teufelsglauben verbreiten, ist sie meines Erachtens eher Teil der Problems als Teil der Lösung. Der Appell des Papstes gegen den „traditionellen Aberglauben“ wirkt deshalb scheinheilig.

.
Übrigens spricht sich Starhawk als Menschenrechtsaktivistin und Feministin sehr wohl gegen den afrikanischen Hexenwahn aus, allerdings als „Anwältin der Opfer“, also der der Hexerei beschuldigten Frauen.

Zur Hexenjagd in Afrika: Afrika: Wenn der Aberglaube den Tod bringt (Die Presse)
Hexen in Tansania (aus Brigitte)
Zwischen Wahn und Wirklichkeit (aus der „Zeit“, geht auch auf die politischen und ökonomischen Ursachen ein)
Tausende noch immer als Hexen verfolgt (Süddeutsche.de).

Tags: , , , , , , , , ,

Schreibe einen Kommentar