Schütz das Christentum vor dem Islam?

26. April 2010 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Unter selbsternannten „Verteidigern des Abendlandes“ wie zum Beispiel Udo Ulfkotte (einige seiner Bücher: „Der Krieg in unseren Städten“, „Vorsicht Bürgerkrieg!“, „Heiliger Krieg in Europa“, „SOS Abendland“) ist es ausgemachte Sache: allein christliche Werte (und deren Hüter, die christlichen Kirchen) schützen den „Westen“ vor der Eroberung durch fanatische Moslems. Dass das konservative christliche Geistliche ähnlich sehen, überrascht nicht.
Dass der Evolutionsbiologe und kämpferische Atheist Richard Dawkins („Der Gotteswahn“) eine ähnliche Ansicht vertreten würde, überrascht dagegen sehr:

There are no Christians, as far as I know, blowing up buildings. I am not aware of any Christian suicide bombers. I am not aware of any major Christian denomination that believes the penalty for apostasy is death. I have mixed feelings about the decline of Christianity, in so far as Christianity might be a bulwark against something worse.

Soviel ich weiß, gibt es keine Christen, die Gebäude in die Luft sprengen. Ich kenne auch keine christlichen Selbstmordattentäter. Mir ist keine große christliche Konfession bekannt, die glaubt, dass der Abfall vom Glauben mit dem Tode bestraft werden sollte. Ich habe gemischte Gefühle über den Rückgang des Christentums, insofern das Christentum ein Bollwerk gegen etwas Schlimmeres sein könnte.

Scandal and schism leave Christians praying for a ‘new Reformation’ (times online)

Kein Zweifel: es gibt menschenrechtsfeindliche Elemente im Islam. Es erscheint mir aber fragwürdig zu sein, wie Dawkins, das Christentum als „kleineres Übel“ gegenüber dem Islam und sogar als „Bollwerk“ zu sehen. Es waren nämlich Humanismus, Aufklärung und der säkulare Staat, die das Christentum in westlich orientierten Ländern gezähmt hatten. Es ist nicht einzusehen, warum das mit dem Islam anders sein könnte – es gibt den „aufgeklärten Islam“, auch wenn er, aus hauptsächlich politischen Gründen, einen schwierigen Stand hat. Außerdem ist es leider so, dass aufklärungsfeindliche und anti-humanistische Strömungen des Christentums gegenüber den toleranteren Richtungen schnell an Boden gewinnen.
Aufklärung und liberale Werte sind das tatsächliche Bollwerk gegen aggressive religiöse Ideologien, und zwar unabhängig davon, ob die Fanatiker Christen, Moslems, Hindus, Juden usw. – oder auch Heiden sind.

Interessant in Hinblick auf den Islam in Europa ist dieses Interview mit dem französischen Islamexperten Olivier Roy auf NZZ-online: Wie hast du’s mit der Religion, Europa?. Die Religion des Islam wäre nicht die unmittelbare Ursache des Islamismus – eine politische Ideologie – weil der Terrorismus nach Art der al-Qaeda in der islamischen Geschichte ein neues Phänomen wäre. Olivier Roy ist der Ansicht, dass der islamistische Terror nicht einfach Ausdruck eines traditionellen, ja nicht einmal eines fundamentalistischen Islam wäre, sondern vielmehr eine neue Auffassung des Islam im Kleid „westlicher“ revolutionärer Ideologien.

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