(Nichts) Neues vom Mixa

13. April 2009 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Zugegeben, es ist weder sonderlich originell noch besonders überraschend:
Der Augsburger Bischof Walter Mixa beklagte in seiner Osterpredigt einen „zunehmend aggressiven Atheismus“ und stellt u. a. einen Bezug zur NS-Diktatur her. (Süddeutsche.de: Mixa: Gesellschaft ohne Gott ist „Hölle auf Erden“ , SpOn: Bischof Mixa sieht Massenmord als Folge des Atheismus.)

Dabei liefert Mixa (das Wortspiel ist blöde, aber treffend) den Remix einer sachlich unhaltbaren historischen Legende: er hatte am Ostersonntag die „Gottlosigkeit“ für die Gräuel des Nationalsozialismus verantwortlich gemacht.

Man könnte sich nun, als Heide, bequem mit dem Spruch: „Was der durchgeknallte Oberfundi (Claudia Roth) da von der Kanzel quatscht, das ist doch nicht unsere Baustelle“ zurücklehnen, und dabei übersehen, dass das Lied vom „gottlosen Nazideutschland“ nur eine kleine Variation des nicht nur in Kirchenkreisen beliebten Oldies „Nazis sind Neuheiden“ ist.

Die Mehrheit der „alten Nazis“, bis rauf zum „Führer“ selbst, gehörte zumindest auf dem Papier einer christlichen Kirche an. Wer kein Kirchenmitglied war, verstand sich als „gottgläubig“ – auch die Anhänger der ariosophischen germanentümelnden Esoterik á la Himmler oder Rosenberg. Atheisten waren sowohl in der NSDAP als auch in der SS unerwünscht, da „Gottlosigkeit“ als Ausdruck des „zersetzenden jüdischen Geistes“ galt. „Germanisches Heidentum“ völkischer Machart wurde zwar toleriert, aber von Hitler öffentlich bespöttelt.
Während z. B. die Freidenkerverbände verboten wurden, schloss Nazideutschland mit dem Vatikan das skandalöse „Reichskonkordat“ ab, von dem die Kirchen übrigens bis heute noch profitieren. Hitlers kackbraunen Massen wurden von Katholiken (einschließlich des Kardinalstaatsekretärs und späteren Papstes Eugenio Pacelli) für den „letzten Damm gegen die Rote Flut“ gehalten. Dies führte dazu, dass ausgerechnet die katholische Zentrumspartei Hitler die nötigen Stimmen zur Durchsetzung des berüchtigten Ermächtigungsgesetzes verschaffte, das die Nazi-Tyrannei erst möglich machte. Was Mixa ebenfalls gerne übersieht: der nationalsozialistische Antisemitismus speist sich wesentlich aus dem überlieferten christlichen Antijudaismus.

Dass Mixas Predigt (wieder einmal) eine Geschichtsklitterung zugunsten des Christentums im Allgemeinen und der katholischen Kirche im Besonderen war, ist sicher nicht das Schlimmste.
Viel schlimmer ist, welche Art Gemeinwesen Mixa – und jene, die ihm beifällig zustimmen – sich offensichtlich anstelle des säkularen, weltanschaulich vielfältigen, Staates wünschen. Wie ein Staat aussieht, in der die religiösen Führer die Moral für sich gepachtet haben und sich in der Politik das letzte Wort vorbehalten, könnte man z. B. im Iran sehen, wo „Ungläubige“ gefoltert, Schwule aufgehängt und Frauen bei Ehebruch gesteinigt werden (Männern geschieht nichts). (Aber das sind ja auch böse Muselmanen, Christenmenschen, sind, sofern fromm katholisch, automatisch im Besitz höherer Moral.)
Mixa ist nur einer von mehreren „Kirchenfürsten“, die ein gestörtes Verhältnis zur Meinungsfreiheit Andersdenkender und Andersgläubiger haben – nur formuliert es das etwas deftiger als z. B. Ratzinger.
Wenn man Mixa zuhört, könnte man vermuten, dass atheistische Schlägertrupps Kirchgängern auflauern würden und auf die Idee kommen, dass die Abtreibungen, die er in ungeheuerlicher Weise mit dem Holocaust vergleicht, in Wirklichkeit eine Art Menschenopfer seien.

Übrigens: die katholische Kirche lässt sich das Gehalt Walter Mixas über Dotationen gänzlich vom Staat subventionieren. Er wird also, wie andere staatlich anerkannte Hohepriester auch, also aus allgemeinen Steuermitteln auch der Nichtkatholiken bezahlt.

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