Nazi-kompatibles Politikersprech

29. Juli 2009 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Dass die Dienstwagenaffäre der Bundesgesundheitsministerin Schmidt (SPD) viel, wahrscheinlich zuviel, Beachtung findet, ist dem Sommerloch und dem Wahlkampf geschuldet.

Viel zu wenig Beachtung findet dagegen die sprachlich völlig nazikompatible Äußerung eines deutschen Politikers:

Eine Ministerin, der das gesunde Volksempfinden verloren gegangen ist(…)” prangert Herr Georg Schirmbeck von der CDU die „Dienstwagenaffaire” seiner Kollegin Schmidt (SPD) an.

(Im Artikel: Steuerzahlerbund fordert neue Dienstwagen-Regeln (Welt.de))

German Psycho geht wohlwollend davon aus, dass Schirmbeck nicht einmal merke, wie sehr er mit
dieser Formulierung recht hätte.

Denn Frau Schmidt hat die Gesetze so ausgenutzt, daß sie ihr zum Vorteil gereichen. Und das ist auch der Sinn von Gesetzen: Es geht eben nicht darum, ein diffuses Gefühl zu befriedigen, daß der Kinderschänder nunmal kastriert und die Gesundheitsministerin möglichst mit dem Bus fahren sollte. Es geht darum, klare, nachvollziehbare Regeln zu schaffen. Solange man sich an die hält, so das Prinzip der Rechtssicherheit, darf einem juristisch nichts geschehen.

Ich fürchte hingegen, dass Schirmbeck sehr wohl wusste, dass er diffuse Gefühle (man kann auch sagen: dumpfe Vorurteile) bediente – was er im Eifer des Gefechts wohl nicht gemerkt hatte, ist der verräterische Sprachgebrauch.
Bemerkenswert, wie wenig Beachtung sein Griff ins tiefbraune Klo findet.

Sehr wenig, meines Erachtens viel zu wenig, Beachtung finden z. B. auch die – wohlwollend beschrieben – Instinktlosigkeiten des Bürgermeisters von Mügeln. Antirassismus unerwünscht (NPD-Blog). Die Stadt Mügeln hatte das für Ende August geplante Antirassismus-Konzert des Vereins „Vive le Courage“ nicht genehmigt. Laut Veranstalter hatte die Stadt argumentiert, an dem geplanten Veranstaltungsort solle es keine politischen Veranstaltungen geben. Bürgermeister Deuse sorgte bereits mehrmals für öffentliches Aufsehen und erntete Zustimmung von ganz rechter Seite. Nach einem Volksfest mit anschließender Hatz auf eine Gruppe Inder stellte er „seine“ Stadt und die Bürger als Opfer einer medialen Kampagne da – unter anderem in der rechtsradikalen „Jungen Freiheit“. Nach kommunalen Wahlerfolgen der NPD im Jahr 2008 betonte Deuse, man dürfe diese nicht auszugrenzen, da sich dies „immer negativ“ auswirke.
Rechtsextreme Angriffe in Mügeln – Opferfonds CURA bewilligt erste Hilfe für „Vive le Courage e.V.“ und bittet um weitere Unterstützung (Amadeu Antonio Stiftung).

Ein weiteres, viel zu wenig beachtetes Beispiel für grobe Fahrlässigkeit im Umgang mit „Rechtsaussen“ gibt es in Wurzen: Mehrheit mit NPD-Stimme? Wurzens Bürgermeister lehnt Vertrauensfrage ab.
Die NPD ist eine Partei, die glücklicherweise keine wirklich breite Unterstützung in der Bevölkerung genießt. Wobei jeder NPD-Wähler einer zuviel ist. Das betrifft gerade und auch Wähler „nur aus Protest“. Wem eine Volksgemeinschaft nach nationalsozialistischem Vorbild vorschwebt – woraus die NPD, wie auch aus ihrem Rassismus, dankenswerterweise keinen Hehl macht – den wählt man nicht „um es den etablierten Politikern mal zu zeigen“.
Weil die NPD parlamentarisch kaum ein Bein auf den Boden bekommt, ist sie umso mehr auf so eine Unterstützung, wie sie es in Wurzen offenbar gegeben hat, angewiesen.

Für einige Politiker, vor allem in Wahlkampfzeiten, ist es offenbar kein Problem, die Türen nach „rechts außen“ weit offen zu halten.

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Ein Kommentar
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  1. […] [via B. und MartinM] […]

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