Irak-Krieg 2003: Bush-Regierung war überzeugt vom Krieg

10. Januar 2015 | Von | Kategorie: Wissenschaft

Zum Irak-Krieg gibt es zwei große Verschwörungstheorien: Rohstoffe waren ausschlaggebend für die Entscheidung, der Krieg von langer Hand geplant. Beides entspricht nachweislich nicht den Fakten, wie der Politikwissenschaftler Franz Eder in seiner Habilitationsschrift nun zeigt: Die Bush-Regierung war überzeugt, dass vom Irak reale Gefahr ausgeht.

Bis heute über 30.000 getötete irakische Soldaten, 4.800 tote Militärangehörige der „Koalition der Willigen“, hunderttausende tote Zivilisten – die Schätzungen gehen hier von Opferzahlen von rund 115.000 bis zu 1,4 Millionen aus: Der offiziell nur knapp zwei Monate andauernde Krieg im Jahr 2003 und die darauf folgende Besatzung des Iraks bis 2011 waren für die USA und ihre Verbündeten verlustreich und für die Region verheerend. Eines der erklärten Ziele der US-Regierung, nämlich mit dem Krieg den Terrorismus einzudämmen, ist klar gescheitert. Und nicht erst seit dem ersten Kriegstag gibt es Spekulationen und Verschwörungstheorien, welche Beweggründe die Vereinigten Staaten genau hatten, den Irak anzugreifen – besonders, weil relativ bald klar war, dass der Irak keine nennenswerten Massenvernichtungswaffen besitzt. Eine beliebte Deutung: Ganz unabhängig von 9/11 sei der Krieg schon lange geplant und das wahre Ziel seien die irakischen Ölquellen gewesen. Ass.-Prof. Dr. Franz Eder vom Institut für Politikwissenschaft wollte das in seinem Habilitationsprojekt genauer wissen: „Diese Erklärungen dominieren immer noch die Debatte, aber gleichzeitig ist es schwierig, sie zu bestätigen. Primärquellen, also Protokolle von Sitzungen des Kabinetts von Präsident Bush oder des Nationalen Sicherheitsrates der USA, sind geheim, so sie überhaupt existieren, also musste ich andere Mittel und Wege finden, den wahren Beweggründen näher zu kommen“, erklärt er.

Analyse von Interviews und Reden

Der Politikwissenschaftler hat deshalb versucht, den Entscheidungsprozess innerhalb der Bush-Regierung, der letztlich zum Irakkrieg geführt hat, begreifbar zu machen – sowohl methodisch als auch theoretisch. Grundlage ist ein Analysemodell aus der Außenpolitikforschung, das staatliches Handeln als das Ergebnis individueller und gruppendynamischer Prozesse begreift. „Ich habe mir die Wahrnehmung von Einzelpersonen aus dem Bush-Kabinett und weitere wichtige Akteure im Vorfeld des Irakkriegs angesehen“, sagt Franz Eder. Dazu gibt es zwei klassische Quellen: Einmal Enthüllungen von Journalisten, deren Bücher in den vergangenen Jahren erschienen sind, andererseits autorisierte Biografien von Akteuren aus dieser Zeit. „Das Problem besonders mit den Enthüllungsbüchern ist, dass sie sich oft in wichtigen Punkten widersprechen und sich permanent gegenseitig zitieren – so gibt es für viele Punkte nur eine einzige Quelle, die nur der Autor selber kennt und die für die Außenwelt weder überprüfbar noch nachvollziehbar ist. Dazu kommt, dass die Biografien den Enthüllungsjournalisten in vielen zentralen Punkten widersprechen.“

Aus diesen Gründen greift der Forscher auf neue, noch nicht dahingehend untersuchte Quellen zurück: Insgesamt 3.090 Interviews und Reden mit in Summe 7,2 Millionen Wörtern von Präsident George W. Bush, Vizepräsident Dick Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, dem stellvertretenden Verteidigungsminister Paul Wolfowitz, Außenminister Colin Powell, dem stellvertretenden Außenminister Richard Armitage, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und CIA-Chef George Tenet wurden auf bestimmte Schlüsselwörter durchsucht und untersucht, vom Amtsantritt der Bush-Regierung im Januar 2001 bis einschließlich Dezember 2004. Diese Personen bilden zugleich den inneren Kreis der mit Sicherheitsfragen betrauten Akteure der Bush-Regierung. „Diese Daten habe ich auf zwei Punkte hin untersucht: Wie nimmt der jeweilige Akteur bzw. die Akteurin die Welt wahr – tendenziell als eine feindselige Umgebung oder als ein kooperatives Umfeld? Und davon ausgehend: Welche Strategie ist im Umgang mit dieser Welt die richtige?“, erklärt Franz Eder. Ein wenig überraschendes, aber nun eindeutig nachweisbares Ergebnis: Die Terroranschläge vom 11. September 2001 hatten einen nachhaltigen Einfluss auf alle Akteure, die ab diesem Zeitpunkt die Welt als bedrohlicher beschreiben und in Reden und Interviews deutlicher für eine konfrontative Strategie gegenüber dem Irak eintreten. „Eine kleine Ausnahme bildet hier Außenminister Powell. Aber das mag auch mit seiner Rolle als Außenminister zusammenhängen – eine Rolle, in der er schon per Definition mehr auf Diplomatie setzen muss als andere. Aber auch bei ihm gibt es eine erkennbare Verdüsterung der Weltsicht, auch wenn er auch nach 9/11 immer noch auf Kooperation setzt.“ Vor 9/11 ist aus diesen Daten auch kein Konfliktkurs gegenüber dem Irak erkennbar, von keinem der Akteure.

Untersuchung von Gruppendynamiken

Der Politikwissenschaftler geht in seiner Untersuchung noch einen Schritt weiter: Um die Interessen der gesamten Gruppe genauer zu erfassen, hat er für jedes Quartal des Untersuchungszeitraums pro Akteur je ein Interview und eine Rede ausgewählt und in einer Diskursnetzwerkanalyse qualitativ untersucht, in Summe 227 Reden und Interviews. „Vereinfacht gesagt geht es hier darum, einerseits darzustellen, welche Akteure zu welchem Zeitpunkt welche Standpunkte vertreten und andererseits dadurch zu zeigen, welchen anderen Akteuren sie mit ihren Ansichten nahestehen. Um sich in einem Diskurs durchzusetzen, braucht man eine Mehrheit hinter sich“, sagt Franz Eder. Zwei Diskursebenen stellt der Forscher dar: Einerseits jene über den Bedrohungsstatus des Iraks, andererseits die daraus folgenden politischen Aktionen. „Wie schon die quantitative Inhaltsanalyse zeigt auch diese mit 9/11 in beiden Diskursen eine Zäsur: Vor 9/11 gibt es keinen Konsens, welche und ob überhaupt Gefahr vom Irak ausgeht – die untersuchten Akteure vertreten keinen einheitlichen Standpunkt. Das schließt relativ gesichert aus, dass Aktionen gegen den Irak von langer Hand geplant waren. Nach 9/11 ist man sich einig: Der Irak ist gefährlich, ein Schurkenstaat, das sollte sich auch bis zum Ende meiner Untersuchung nicht mehr ändern.“ Beim zweiten Diskurs, jenem über die Aktionen, die die USA setzen müssen, verhält es sich umgekehrt: „Beim Politikdiskurs gibt es vor 9/11 Konsens, dass auf den Irak mittels Sanktionen Druck aufgebaut werden muss, wie es schon seit dem zweiten Golfkrieg der Fall und auch von UN-Beschlüssen gedeckt war. Nach 9/11 verliert dieser Konsens an Anhängern. Außer Colin Powell glaubt niemand mehr an die Sanktionen, aber eine Alternative setzt sich zuerst ebenfalls nicht durch. Erst im zweiten Quartal 2002 kommt ein Krieg als Möglichkeit auf den Tisch, ab August/September 2002 sieht die Gruppe Krieg mit dem Irak als unvermeidbar an und auch Colin Powell vertritt plötzlich diesen Konsens.“

Als treibende Akteure in der Diskussion macht Franz Eder Außenminister Powell und Verteidigungsminister Rumsfeld aus. „Hier ist der sogenannte Betweenness-Centrality-Indikator wichtig. Dieser Indikator gibt Auskunft darüber, wie zentral und damit einflussreich ein Akteur ist, weil er auf vielen kürzesten Wegen zwischen allen anderen Akteuren positioniert ist und damit soziale Macht ausüben kann. In den Diskursdiagrammen zeigt sich, dass Colin Powell und Donald Rumsfeld die höchsten Werte bei diesem Indikator aufweisen. Kann Colin Powell zumindest bis 2002 Präsident Bush noch überzeugen, auf ein Sanktionsregime zu setzen, so setzt sich spätestens ab da ein Diskurs durch, den Rumsfeld zentral vertritt: Nichtstun und Abwarten werden als zu riskant empfunden, der Krieg damit zur unvermeidbaren Option.“

Überzeugt von Aktionen

Neben der Verschwörungstheorie, der Krieg sei von langer Hand geplant gewesen, kann Franz Eder auch jene der bewusst vorgetäuschten Motive widerlegen: „Die Diskursanalyse zeigt sehr klar: Die Bush-Regierung war überzeugt davon, dass vom Irak eine existentielle Gefahr ausgeht und dass der Schutz der Vereinigten Staaten nur durch einen Sturz Saddam Husseins gewährleistet werden kann. Das soll keine Verteidigung dieser Entscheidung sein: Es kam offensichtlich zu Fehleinschätzungen und Fakten wurden falsch interpretiert – aber ein bewusstes Belügen der Öffentlichkeit, das geben diese Daten nicht her.“ Für sein Habilitationsprojekt wurde der Politikwissenschaftler mit Forschungsfördermitteln aus der Nachwuchsförderung der Universität Innsbruck unterstützt.

(Presseaussendung der Universität Innsbruck)

Rückfragen:
Ass.-Prof. Mag. Dr. Franz Eder
Institut für Politikwissenschaft
Universität Innsbruck
Tel.: +43 512 507-7067
E-Mail: franz.eder[ät] uibk.ac.at

Mag. Stefan Hohenwarter
Büro für Öffentlichtkeitsarbeit
Universität Innsbruck
Tel.: +43 512 507-32023
Mobil: +43 676 8725 32023
E-Mail: stefan.hohenwarter [ät] uibk.ac.at

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3 Kommentare
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  1. Diese Arbeit bestätigt die schon lange kursierende Vermutung, dass Rumsfeld der „Scharfmacher“ in Bush jrs. Kabinet war. Daran, dass er ein „Falke“ war, bestand, da er einen direkten Angriff auf den Irak als Teil des „Krieges gegen den Terrorismus“ verlangte, ohnehin kein Zweifel, dass er die treibende Kraft, und nicht „nur“ der „Lautsprecher“ oder der „Bad Cop“ in der US-Regierung war; und wie er sich offensichtlich durchsetzte, ist allerdings schon bemerkenswert. Was die übrigen poltischen Entscheider in den USA und in der „Koallition der Willigen“, vor allem in Großbritannien, nicht entschuldigt.

    Obgleich ich es für ziemlich wahrscheinlich halte, dass die US-Regierung subjektiv davon überzeugt war, bedroht zu sein, und ich Eder darin folge, dass es wohl keine „Langzeitpläne“ gab, die beim passenden Vorwand nur aus der Schublade geholt werden nussten, bleiben viele Fragen offen.

    Bush bzw. die US-Regierung hatte sich nach Eders Arbeit selbst davon überzeugt (bzw. sich eingeredet, dass vom Irak eine existentielle Gefahr für die USA ausginge.

    Aus dem Downing Street Memo , einer Mitschrift eines Meetings von Premierminister Tony Blair mit seinen engsten Beratern am 23. Juli 2002, geht hervor, dass schon acht Monate vor Beginn der Invasion in Washington eine militärische Aktion als unvermeidlich angesehen wurde. Bush wollte Saddam entfernen, und zwar mit militärischen Mitteln, und sah das durch eine Verknüpfung von Terrorismus und Massenvernichtungswaffen gerechtfertigt an.
    Ihm bzw. der US-Regierung war aber auch klar, dass die internationale Öffentlichkeit – einschließlich der meisten Regierungen, auch der NATO-Staaten – keinesweg davon überzeugt war, dass eine Militäraktion gegen den Irak notwendig und gerechtfertigt sei.
    Aus diesem Grunde schob die US-Regierung ja auch Kriegsgründe vor bzw. ließ sie propagandistisch aufbretzeln: die (behauptete) Zusammenarbeit Saddam Husseins mit Al-Qaida, die (angeblich) einsatzfähigen biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen des Iraks, das (angeblich) weit fortgeschritene Atomwaffenprogramm, die (tatsächlichen, aber aufgebauschten) massiven Menschenrechtsverletzungen durch das Saddam-Regime.
    Man kann auch sagen: um den Angriffskrieg zu rechtfertigen, log die US-Regierung, dass sich die Balken bogen.
    Im Dezember 2005 räumte Bush ein, dass viele der Geheimdienstinformationen sich als falsch herausgestellt hätten, womit er den „schwarze Peter“ den Geheimdiensten zuschob. Was Wasser auf die Mühlen diverser Verschwörungstheoretiker war, nach deren Auffassung die „wahren Machthaber“ die gewählte Regierung wie Marionetten an ihren Fäden tanzen ließ.

    Im September 2006 veröffentlichte der US-Senat einen Bericht zu den von der Bush-Regierung genannten Kriegsgründen. Danach wurden keinerlei Hinweise einer Verbindung des irakischen Regimes unter Saddam Hussein und dem Terrornetzwerk Al-Qaida gefunden. Auch hatte dem Bericht zufolge die irakische Führung kein aktives Atomprogramm und auch kein mobiles Labor zur Herstellung biologischer Waffen.

    Es wäre interessant zu wissen, welchen Einfluss „Think Tanks“ wie das Project for the New American Century , Lobbyorganisationen und Geheimdienste auf die Entscheidungen der Regierung Bush jr. hatten. Allerdings ist das aufgrund der im Artikel genannten Quellenlage zur Zeit nicht möglich.

    Wichtiger als die Frage, wie die Herrschenden „tickten“ (Kreuzzugsgedanke, neokonservative Ideologie use.) bzw. wer welche Drähte zog und auf welche Knöpfte drückte , ist meiner Ansicht nach die nach den Strukturen innerhalb deren sie agierten. Damit meine ich vor allem die geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen. Wenn der Irak nicht über die weltweit zweitgrößten Erdölreserven verfügen würde, wäre er, vermute ich, gar nicht interessant genug, um einen teuren Angriffskrieg zu rechtfertigen. Allerdings ist irakisches Öl für die USA eher zweitrangig – es deckt weniger als 2,5 % ihres Ölbedarfs – und die Menge an aus dem Irak in die USA importierten Öl hat sich im Vergleich zu Vorkriegsjahren, nicht signifikant verändert. Tatsächlich drängten die in der Tat mächtigen und mit der Bush-Regierung stark „verfilzten“ amerikanischen Ölkonzerne auf eine Aufhebung der US- und UN-Sanktionen gegen den Irak – gemäß ihren wirtschaftlichen Interessen.
    Ein konkreter Plan „Blut für Öl“ ist daher tatsächlich nicht plausibel, hingegen halte ich es für sehr plausibel, dass die tatsächlichen Kriegsplanungen weiter gehende geopoltischen und wirtschaftlichen Interessen – die nicht zwangsläufig dieselbe waren wie die der Ölkonzerne – stets „im Hinterkopf“ hatten.

  2. Ich muss einige dieser Aussagen sehr in den Zweifel ziehen. Zum einen werden für die Schlussfolgerung überwiegend offizielle Quellen der Regierung Bush verwendet. In diese Quellen wäre es nur nachvollziehbar wenn die Ereignisse in einem besseren Licht dargestellt werden, da Aufgrund der späteren Tatsachen, es gab keine Massenvernichtungswaffen, der Krieg destabilisierte die Region, die Militärintervention nicht zu rechtfertigen war.
    Die US-Regierung hatte niemals echte Beweise in den Händen und wenn ich mich recht entsinne kooperierten die Iraker sogar mit den Waffeninspekteuren. Ob diese Kooperation ausreichte wird in diesem Bericht gar nicht untersucht.
    Die Aussage, dass die US-Regierung glaubte der Irak sein eine Bedrohung ist absolut Unglaubwürdig. Die Vereinigten Staaten hatten das Irakische Militär bereits 1990 niedergeschlagen und seid dem war durch die Sanktionspolitik auch kein effektiver Wiederaufbau der Streitkräfte möglich. De fakto hatten die Amerikaner die absolute Luftherrschaft und waren in der Lage innerhalb von Stunden jedes Ziel im Irak zu bombardieren.
    Von diesem her Standpunkt eine Bedrohungslage anzunehmen, ist in einer Form Fahrlässig die selbst bei naiver Gemütsverfassung schwer nachvollziehen ist. Es kann also gar nicht anders sein, als dass die genannten Kriegsgründe eine bewusste Lüge waren.
    Es muss sich vor diesem Hintergrung die Frage stellen ob der Autor der Analyse Interessenvertreter ist, oder einfach Tatsachen ignoriert. Ich möchte mal sagen 6 durchgefallen!

  3. „6, durchgefallen“ trifft es m. E. nicht ganz. Selbstverständlich ist die Arbeit unzureichend; und selbstverständlich ist sie interessengeleitet – das kann aufgrund der Quellenlage auch gar nicht anders sein.
    Sie ist allerdings, wie ich finde, ein interessanter Diskussionsbeitrag.
    Dass die US-Regierung niemals irgendwelche Beweise für die Existenz von irakischen Massenvernichtungswaffen in den Händen hatte, stimmt. Auch das die irakische Regierung, wenn auch widerstrebend, mit den UN-Waffeninspekteuren kooperierte, stimmt auch.
    Objektiv waren die USA nicht bedroht. Anderseits funktioniert das scheinbar naheliegende Motiv, dass sich die USA die Ölreserven des Iraks „sichern“ wollte, nicht wirklich – jedenfalls dann nicht, wenn man von den harten ökonomischen Fakten und den Geschäftsinteressen der Ölkonzerne ausgeht.
    Für mich liegt daher die Vermutung nahe, dass die Entscheidung der US-Regierung zum Irakkrieg ideologisch motiviert war. Im Sinne der Neocon-Ideologie, aber auch, besonders bei Bush selbst, im durchaus christlich-religiösen Denken; vor allem aber im Sinne einer simplen „Freund-Feind“-Logik. Es gibt auch Strukturen – im Denken wie in der Organisation des Militärs, der Geheimdienste und auch der Industrie – die sich in der Zeit des „Kalten Krieges“ herausgebildet haben, die, um zu funktionieren, auf einen Gegenspieler angewiesen sind. Salopp gesagt: ohne „bösen Feind“ bricht das Machtgefüge der USA zusammen. (Oder wenigstens die Rüstungsindustrie, die ja einer der wenigen wirklich florierenden Wirtschaftszweige ist.)

    Die US-Regierung war nicht bedroht, jedenfalls nicht durch den Irak, aber sie fühlte sich bedroht – nicht nur durch den Irak, aber der ließ sich noch am ehesten mit militärischen Mitteln bekämpfen. Allgemein herrschte nach „9/11“ ein paranoides Klima und, wie ich vermute, das Gefühl bei den „Mächtigen“ der USA, dass ihnen die Macht aus der Hand glitt.
    Im Falle Rumsfelds vermutete ich, dass es ihm, der sowohl der US-Airforce wie der Flugzeugindustrie nahe stand – wirtschaftlich und ideologisch – darauf ankam, einen passenden Anlass zu finden, damit „seine Leute“ zeigen konnten, wie wichtig sie sind (Aufträge!) und was für tollen Burschen sie sind (Prestige). Da vermischt sich eiskalte Überlegung mit völlig Irrationalem.
    Und was die Lügen angeht, mit denen der Krieg gerechtfertigt wurde: Mit Bedrohungängsten allein kann man niemanden überzeugen, der diese Ängste nicht teilt. Also muß die Bedrohung so überzeichnet werden, dass auch die zögerlichen Verbündeten und die wankelmütige eigene Bevölkerung so richtig Angst bekommt!

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