Heinsohn – vom „Entfant terrible“ der Hexenforschung zum „Klassenkämpfer von oben“

30. Mai 2010 | Von | Kategorie: Odins Auge Artikel, Ætt Feature

Nicht erst seitdem er im März 2010 seinen massiv sozialdarwinistischen Gastbetrag („Sozialhilfe auf fünf Jahre begrenzen“) in der FAZ veröffentlichte, steht Dr. Dr. Gunnar Heinsohn nicht nur bei „linken“ Lesern seiner Arbeiten im dringenden Verdacht, ein „Klassenkämpfer von oben“ zu sein. Anderseits werden seine Thesen über demographische Ursachen politischer und wirtschaftlicher Gefahren nicht nur von politisch konservativer Seite, sondern bis weit ins „liberale“ Spektrum geradezu begeistert aufgenommen.

Über die möglichen Folgen, die es hätte, wenn Heinsohns Vorschläge realisiert werden würden, schrieb ich bereits im „Gjallarhorn“:
„ALG II auf fünf Jahre begrenzen“ und das Ende der Demokratie
. Im Folgenden befasse ich mich vor allem mit zweien seiner zahlreichen Bücher, die für moderne Heiden und Hexen besonders relevant sind: „Die Vernichtung der Weisen Frauen“, das er schon 1985 gemeinsam mit Otto Steiger verfasste, und „Die Erschaffung der Götter: das Opfer als Ursprung der Religion“ (1997). Vor allem die „Vernichtung der Weisen Frauen“ hat bis heute nachwirkenden Einfluss auf die deutschsprachige „Hexenszene“ und ihr Selbstverständnis.
Hans Baldung: Zwei Wetterhexen (1523)

Wer ist Gunnar Heinsohn?

Dr. Dr. Gunnar Heinsohn promovierte 1973 in Sozialwissenschaft und 1982 über ein wirtschaftstheoretisches Thema. Seine ungewöhnliche lange und vielseitige Publikationsliste umfasst mehr als vierhundert Eintragungen; von der Theorie des Familienrechts über „Privateigentum, Patriarchat, Geldwirtschaft – eine sozialtheoretische Rekonstruktion zur Antike“, über den Ursprung von Monotheismus und Judenhass („Was ist Antisemitismus?“) bis zu seinem „Lexikon der Völkermorde“ (1998) und seinem viel beachteten Buch „Söhne und Weltmacht: Terror im Aufstieg und Fall der Nationen“ (2003). Seine These, dass es einen Zusammenhang zwischen „Youth Bulge“, vielen jungen „überflüssigen“ Männer in einer Gesellschaft, für die es weder ein Erbteil noch angemessene Arbeit gibt, und deren Aggressivität gäbe, mit der er also Krieg und Terrorismus aus der Demographie zu erklären versucht, stieß auf breite Zustimmung. Sie wird allerdings auch kontrovers diskutiert. („Söhne und Weltmacht“ kann als E-Book kostenlos heruntergeladen werden: PDF4Ebook-Verlag: Söhne und Weltmacht.)
Die oft geäußerte Behauptung, er sei Rechtspopulist oder sogar rechtsradikal, lässt sich allerdings weder an diesem Buch, noch an anderen mir bekannten Werken Heinsohns festmachen. Auch der Vorwurf, er sei rassistisch oder antiislamisch, wirkt überzogen. Politisch bewegt sich Heinsohn, der an für sich die Außenseiterposition nicht scheut, innerhalb des „Mainstreams“ etablierter Ansichten. Das schließt allerdings nicht aus, dass sich Rechtspopulisten und sogar Rechtsextremisten gern bei seinen Hypothesen bedienen. Selbstverständlich kann aber auch der „Mainstream“ strukturell rassistisch sein.

Es fällt auf, dass Heinsohns Ruf als beliebter und einflussreicher „Experte“ nur zum kleinen Teil auf seiner akademischen Arbeit als Professor für Sozialpädagogik beruht. Viel wichtiger dafür sind Veröffentlichungen, die am Rande seiner akademischen Tätigkeit oder sogar völlig unabhängig von ihr entstanden. Etwas zugespitzt: Der populäre Bücher und Aufsätze schreibende „Privatgelehrte“ und Wissenschaftspublizist Heinsohn ist einflussreich und gefragt, der seit 2009 pensionierte Universitätsprofessor Heinsohn war dagegen ein Hochschullehrer unter vielen.

Sehr umstritten sind seine Arbeiten zur Chronologiekritik, die wohlwollende Historiker Außenseiterhypothesen, weniger wohlwollende hingegen Pseudowissenschaft nennen. Heinsohn unterstützt z. B. Illigs These vom „erfundenen frühen Mittelalter“ und vertritt einen Ansatz zur gegenüber der üblichen Chronologie um ca. 2000 Jahre „verkürzten“ Geschichte Ägyptens und Mesopotamiens, in dem zum Beispiel die Sumerer eine bloße Erfindung wären. Darüber hinaus ist er Mitherausgeber und regelmäßiger Autor der „chrologiekritischen“ Zeitschrift Zeitensprünge.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass „Sensationstheoretiker“ mit kühnen Spekulationen und steilen Thesen hohe Buchauflagen erzielen und im Boulevardjournalismus viel beachtet werden. Sie verspielen aber normalerweise damit jeden Kredit als Experten; selbst auf anderen Gebieten gelten sie meistens nicht mehr als seriös. Deutlich gesagt: Unter Historikern – und Heinsohn hat Geschichte studiert, ist also „vom Fach“ – haben als chrologiekritisch bezeichnete Behauptungen wie die, dass rund 400 Jahre des frühen Mittelalters eine Erfindung der Chronisten wären, einen ähnlichen Ruf wie die „Götterastronauten“ der „Paläo-Seti“-Gemeinde (bekanntester Vertreter: Erich von Däniken) oder die zahllosen „Atlantistheorien“, die von einer hochentwickelten Zivilisation auf einem vor rund 11000 Jahren versunkenen Kontinent ausgehen. Zwar gilt für Teile der Öffentlichkeit das Prinzip, dass ein von der „Schulwissenschaft“ bespöttelter Außenseiter einen Sympathiebonus hat – aber seriöse Journalisten, Politiker und sogar Lobbyisten halten gegenüber so krass vom „wissenschaftlichen Mainstream“ abweichenden „Spinnern“ schon deshalb Distanz, weil sie fürchten müssen, selbst als „Spinner“ abqualifiziert zu werden.

Ein Teil seiner Beliebtheit erklärt sich sicher daraus, dass Gunnar Heinsohn spätestens seit seinem Buch „Söhne und Weltmacht“ im Ruf steht, die Dinge beim Namen zu nennen, statt sie vorsichtig zu umschreiben. Seine Thesen sind einfach, klar und einleuchtend. Zugute kommt Heinsohn, dass er, in Zeiten, in denen es anscheinend von „Fachidioten“ und „Schmalspurdenkern“ nur so wimmelt, auf mehreren wissenschaftlichen Feldern zu Hause ist, nämlich Soziologie, Geschichte und Volkswirtschaftslehre. Weniger in Fachkreisen als in der breiten Öffentlichkeit gilt er als Experte für Demographie und alle damit zusammenhängenden Fragen.

Heinsohns populäre Bücher und Aufsätze sind nicht „populärwissenschaftlich“ etwa im Sinne von „PM“ oder „Welt der Wunder“. „Populär“ bedeutet nur, dass sich diese Arbeiten an ein breites Publikum ohne besondere Vorkenntnisse wenden. Schon die vielen Diagramme, Tabellen und der umfangreicher Fußnoten-Apparat in seinen Büchern zeigen, dass Heinsohn auch in diesen Werken auf wissenschaftlichen Anspruch Wert legt. Obwohl er eine gut verständliche, deutliche, manchmal drastische Sprache benutzt, und auch vor Polemik nicht zurückschreckt, sind seine Bücher keine leichte Bettlektüre.

In seiner nun schon über 25-jährigen Karriere als Autor erfolgreicher Sachbücher und Essays finden sich zwei Ideen, auf die Heinsohn immer wieder zurückkommt. Man kann von seinen Grundthemen, „Lieblingsideen“ oder von seinen „fixen Ideen“ sprechen, die sich in vielen seiner Hypothesen zu höchst unterschiedlichen Themen finden lassen.
Das eine „heinsohnsche Grundthema“ ist die Demographie. Heinsohn sieht die Welt sozusagen durch die „demographische Brille, oder, wie es in der TAZ hieß, „durch eine Gebärmutter“.
Das andere Grundthema ist die „Eigentumsökomik“, eine wirtschaftswissenschaftliche Theorie, die er gemeinsam mit Otto Steiger entwickelte, und die nicht weniger als den Anspruch erbebt, die erste Wirtschaftstheorie zu sein, die wirklich wissenschaftlichen Ansprüchen genüge. Zentrum für Eigentumökonomik: Problemstellung.
Gegenüber den etablierten Theorien will die die „Eigentumsökonomik“ ein alternatives Paradigma darstellen. In ihr ist das Eigentum die elementare Kategorie, aus dem sich Zins, Geld, Märkte und technischen Fortschritt ableiten lassen. In der Wirtschaftswissenschaft gilt sie als eine ausgesprochene Außenseitertheorie.

Nicht allein deshalb, weil Heinsohns Popularität vor allem auf dem Buch „Die Vernichtung der Weisen Frauen“ beruht, lohnt es sich, einen etwas näheren Blick auf dieses Buch zu werfen.

-> Weiter: Verschwörung zur Menschenproduktion? „Die Vernichtung der Weisen Frauen“

Tags: , , , , , , , , ,

5 Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar »

  1. […] 30. Mai: Heinsohn – vom “Entfant terrible” der Hexenforschung zum “Klassenkämpfer von oben” ist endlich fertig! Tags: Armut, Demokratie, Gesellschaft, Hartz IV, Heinsohn, Kapitalismus, […]

  2. […] Einer dieser “Experten” ist der emeritierter Professor für Sozialpädagogik an der Universität Bremen. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn, über den ich schon einiges schrieb: Heinsohn – vom “Entfant terrible” der Hexenforschung zum “Klassenkämpfer von oben” […]

  3. Dialektik der Abklärung:
    Umrisse einer neuen Sicht auf den Auf- und Untergang des Abendlandes – oder:
    Wer ist eigentlich Gunnar Heinsohn ?

    Gunnar Heinsohn hat bereits 1984 und 1987 in zwei paradigmatischen Aufsätzen zwei fundamentale Fragen gestellt, die die geistige Situation unserer Zeit noch immer nicht losgelassen hat. Beide Fragen, gestellt schon vor der epochalen Zäsur der Rückabwicklung der großen sozialistischen Oktoberrevolution im Osten Europas, nämlich „Wer will denn überhaupt Sozialismus?“ (1984) und „Hat Aufklärung überhaupt schon begonnen?“ (1987) stoßen in das Zentrum der Diskussion, wie sich Emanzipation nach dem großen Scheitern des angeblich emanzipatorischen Projekts marxistischer Provenienz neu denken lässt.

    Es geht daher nochmals! um Postmoderne, die Aufklärung, ihre Dekonstruktion, ja Depotenzierung, um die Ein- und Rückholung ihres metaphysischen Überschusses und letztlich ihre Rehabilitierung und (Wieder-)Einsetzung !

    Zurück hin zu Kant und zur Wissenschaft, und über die zur Praxis – richtig, eine bekannte Figur: Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern: falsch, denn mit Odo Marquard heißt es, von Marx und den Folgen, dokumentiert im Schwarzbuch des Kommunismus und des Weltbürgerkrieges, kommend, schon eher richtig: Die Geschichtsphilosophen haben die Welt nur verschieden verändert, es kömmt drauf an, sie zu verschonen!

    Ja, aber was, wenn es denn hieße, es kommt schlicht drauf an, sie nur richtig zu sehen ? die Welt richtig sehen und begreifen, also wissen, was war und ist ?

    Es wird also eine Art zivilisatorisch motivierte Revue geschrieben werden (müssen), um zum Ziel zu kommen, das dem von Sloterdijk´s Sphären am Ende entspricht:

    „Der Satz „Gott bist tot“ wird als die gute Nachricht der Gegenwart bestätigt. Man könnte ihn auch umformulieren: Die Eine Kugel ist implodiert, nun gut – die Schäume leben. Sind die Mechanismen der Vereinnahmung durch simplifizierende Globen und imperiale Totalisierungen durchschaut, liefert das gerade nicht den Grund, warum wir alles hinwerfen sollten, was als groß, beflügelnd und wertvoll galt. Den schädlichen Gott des Konsensus tot sagen heißt bekennen, mit welchen Energien die Arbeit wieder aufgenommen wird – es können keine anderen sein als jene, die in der metaphysischen Hyperbel gebunden waren. Hat eine große Übertreibung ausgedient, erheben sich Schwärme von diskreteren Aufschwüngen.“

    Nur, dass auch mit einer weiteren Spielart der Metaphysik, die Karl Löwith in „Von Hegel zu Nietzsche“ schon lange am Wirken sah, gleich mit aufzuräumen ist und dies gründlich ! Denn darin liegt das Manko der bisherigen anderen Bemühungen auch der eher linken Provenienz. Es ist nicht so, dass das Ende der Staatssozialismen auch den Sozialismus aus den Köpfen der Menschen vertrieben hätte. Der spukt irgendwie als Möglichkeitsfeld, das zum Wohlsein des Menschen zu denken und vielleicht auch noch zu erkämpfen anzustreben wäre, noch immer durch die Köpfe. Nicht er ist diskreditiert, sondern, so die meisten Menschen, die Menschen, die ihn machten. Er sei besser als die Menschen, die an ihm als Menschen scheitern.

    Nach Überwindung des metaphysischen Überschusses, der ganz unterschiedlich daher kommt, Sloterdijk ist wie auch Heidegger dabei der eine diskursiv-narrativ-phiosophische Weg, kommt die aus der Bahn geworfene Aufklärung am Ende wieder auf Spur.

    Denken erzeugt Realitäten, und neue Realitäten erzeugen neue mögliche Denk-Möglichkeitsfenster; es gilt, auch das Ungeheure zu denken, ja denken zu können !

    Was also ansteht ist, Geschichte, Philosophie und ökonomische Theorie, in einer Kombination neu zu strukturieren bzw. zu e i n e r Lektüre zu vereinen, denn; Die Kritik der politischen Ökonomie – immerhin Grundlage des dann einsetzenden roten Terrors und seiner das 20. Jahrhundert bestimmende Jahrhundert der weltkriegsentfachenden Ideologien – war der große Fehler. Sie konnte nicht stimmen, genauso wenig, was daraus folgen sollte, weil das, was von Marx kritisiert werden sollte, schon da selbst falsch war.

    Es geht nicht um die Rücknahme des Projekts der Aufklärung als Projekt der Moderne, sondern um dessen Abrüstung. Das Programm der klassischen Aufklärung ist doch letztlich: Gott ist tot, es lebe der Mensch, der Mensch nimmt die Geschichte selbst in die Hand: mehr oder weniger implizit formuliert mit dem Forschungsprogramm der bürgerlichen Aufklärung, der “Natural History of Society“ der schottischen Moralphilosophen, zu denen auch Adam Smith gehörte: woraus auch zu sehen ist, vorher die normativen Grundlagen der politischen Ökonomie als Wissenschaft kommen: der liberale Grundgedanke, wer ein sich selbst glaubt, und danach handelt, indem er seine Interessen vertritt, handelt zum Wohle aller Gesellschaftsmitglieder, quasi per „invisible hand“ ist doch genau der aufklärerischen Utopie geschuldet, die bürgerliche Welt werde sich schon als Krone der Zivilisation durchsetzen.

    Die Natural History ist als Theorie des stufenweise sozialen Fortschritts von der Ur- Gesellschaft, wie sie den Theoretikern über Fernreisen der Epoche protokolliert wurden bis hin zur „commercial“ oder „polished“ society (Adam Ferguson) ein Forschungsprogramm in emanzipatorische Absicht. Zwar ist sie nicht durchwegs teleologisch zum „Heil angelegt, so aber doch zur bürgerlichen Gesellschaft, die dann per kommunikatives Handeln zu sich selbst kommt. Nun ist es aber so, dass die Dynamik der bürgerlichen Gesellschaft nicht gleich auch eine zum Wohlstand aller ist und der Markt nicht der große Vermittler, als der er gedacht wurde. Es geht in der bürgerlichen Gesellschaft nicht um Waren und Warentausch, sondern ums Geld.

    Daher hat Marx den Kapitalfetisch so betont und gezeigt, dass Geld eine entscheidende Rolle im Wirtschaftsablauf hat: G-W-G´: da ist er über die Klassiker Smith und Ricardo hinausgegangen, ohne aber im Kuhnschen Sinne eine wissenschaftliche Revolution, wie sie erst der Keynesianismus gebracht hat, zu vollziehen: er ist Klassiker geblieben, da er seine Kritik auf dem Boden der klassischen politischen Ökonomie übertrieb und kein wirklich alternatives Paradigma entgegenhielt.

    So wie auch schon der bürgerliche Materialismus der Schotten die Arbeit als Vermittlung zwischen Mensch und Natur ins Zentrum der Dialektik des Fortschritts über die Arbeitsteilung und das Ausdifferenzieren der Bedürfnisse rückten, bleibt Marx bei diesem Paradigma (Deutsche Ideologie) und hebt es mit Hegel über sich hinaus: der Hegelianer Marx, wie Klaus Hartmann 1969 deutlich gemacht hat, will Philosophie praktisch verwirklichen: das geht nur mit der Überwindung von nur – Philosophie, dem Studium der konkreten Bedingungen der Menschen in der Absicht, den stummen Zwang der Verhältnisse unter bewusste Kontrolle zu bringen.

    Jene Dialektik mit ihrer Logik des Widerspruchs ist das Prinzip, das er auch in der Welt am Werke sieht: oder, wie E.M. Lange es 1980 ausdrückt: aus Hegels „Arbeit der Weltgeschichte“ wird Marxens „Weltgeschichte der Arbeit“: Marxens Errungenschaft besteht denn auch nach seinen eigenen Worten darin, die Dichotomie von konkreter und abstrakter Arbeit wissenschaftlich entdeckt zu haben: und damit die Dichotomie von Gebrauchs- und Tauschwert nochmals in einem Grundwiderspruch fundiert zu haben: diese Widerspruchsdialektik, die nach Auflösung strebt, ist das Prinzip, mit dem das Apriori der Durchgängigkeit des Kapitalismus und seine Notwendigkeit theoretisch stringent nachgewiesen werden kann: formal korrekt, aber auf Prämissen beruhend, die normativ sind.

    Oder deutlicher: Marx stellt den Fortschrittsoptimismus der bürgerlichen Aufklärung nicht infrage, sondern steht auf dem Gipfel des narzisstischen Gedankens, der Mensch könne Gott ersetzen: es ist dieser Punkt, bei dem abgerüstet werden muss, es ist der Überschuss, diese Überforderung der Gattung: Nicht Gott ist mehr das idealisierte Spiegelbild, die Rettungsinstanz für die Defizienz des schwachen Menschen, wie Feuerbach richtig gesehen hatte, Gott wird säkularisiert zur Gattungsvernunft, womit wieder eine Überforderung betrieben wird.

    Diese kommt zu sich selbst, wird praktisch, wenn nach der Überwindung des Privateigentums der neue Mensch seine Verhältnisse bewusst regelt: das ist, was Marx zeigen will, warum er Kritik der politischen Ökonomie betreibt, und dabei zu der überschwänglichsten Apotheose des Unternehmerkapitalisten und des Kapitalismus als solchen (Manifest !) kommt, apologetischer als die Schotten vor ihm, dennoch, aufgrund der Widerspruchsdialektik zu einer höheren Zivilisationsstufe fähig, wenn dazu reif, abzudanken.

    Die Aufklärungsidee des Bürgertums wird nur um eins verschoben. Marx hat den Aufklärungsgedanken zu Ende geführt und radikalisiert, nicht infrage gestellt: wie konnte er es auch: der Materialist Marx war der größte deutsche Idealist im Grunde seines Herzens und Denkens: aus einem metaphysischen Grundverlangen überschüssig gespeist.

    Diese Kombination aus der These der britischen Arbeitswertlehre und den Linkshegelianern Moses Hess und Feuerbach war genial, theoriegeschichtlich quasi unvermeidlich, daher objektiv in der Luft, aber deshalb noch lange nicht wahr im emphatischen Sinne, oder gerade doch wahr eben in diesem Sinne, aber nicht richtig.

    In seiner Kritik des geschichtsphilosophischen Denkens hat Jochen Kittsteiner in seiner Dissertation „Naturabsicht und Unsichtbare Hand“ das grundlegende Fazit gezogen:

    „Um dem geschichtsphilosophischen Denken vollends zu entkommen, sind noch weitere Stufen der „Entmystifizierung“ über die Marxschen hinaus notwendig…) erst dann kann Geschichte begriffen werden; als ein fremder Prozess, der in das individuelle Leben ein-schneidet, der nicht zum allegorischen Ausdruck eines geheimen Sinns gemacht werden kann und der nicht Bündnispartner für irgend jemanden ist. Was dann noch an bescheidenen humanen Zielsetzungen übrig bleibt, muss gegen die Geschichte erkämpft werden. Schlägt man sich die Vorstellung aus dem Kopf, ihres Inhalts losen Prozesses irgendwann Herr werden zu können, so kommt es auch nicht mehr darauf an, sie durch „gesellschaftliche Praxis“ auf einen imaginären Zustand zu bringen, sondern man muss nach neuen Bestimmungen suchen, was es heißen kann, ein Lebewesen zu sein, dass seiner nicht Machbaren Geschichte nicht entrinnt.“

    Das klingt nun sehr resignativ. Dennoch setzt an diesem Punkte nach-metaphysisches Denken an. Doch was bei Kittsteiner im Grunde Fazit ist, bleibt bis heute forschungsstrategisches Postulat: nämlich zu zeigen, warum Marx “ der Versuchung nachgibt, der im Prozess der Kapitalakkumulation zunächst entqualifizierten Bewegung eine immanente Dialektik zuzuschreiben, die sie, begründet nur durch den revolutionären Erwartungshorizont einer Verknüpfung von ökonomischer Krise und Aktion des Proletariats, doch wiederum in den sicheren Hafen einer humanen Kontrolle einmünden lässt“.

    Es ist eben nicht nur die Erwartungshaltung, sondern die über Hegels Widerspruchsdialektik gewonnene normative geschichtsphilosophischen Prämisse bei Marx, die ihn dazu zwingt, seine Ökonomiekritik paradigmatisch so anzulegen, dass der Widerspruch in mehreren Stufen zum vor-gedachten, theoretisch einzulösenden Ergebnis, nämlich Sozialismus, kommt.

    Der Kapitalismus ist bei ihm theoretisch so angelegt, dass er überwindbar ist – unabhängig von der empirischen Welt: es ist die normative Grundlage der Marx´schen Theorie, die aus obiger Prämissen folgt, und dann, in der Theoriegeschichte des Marxismus zum Dogma wird: und dann eine ganze Serie von Marxisten dazu zwingt, im Hypothesenschutzgürtel (Lákatos) jeden Nichteintreten des erwünschten Resultat irgendwie zu begründen, ohne selbst den harten Kern anzutasten: was bei Marx mit seiner Kritik des Gothaer Programms selbst seinen Anfang hat. Es kann also nicht darum gehen, aus der Empirie, die uns keinen Sozialismus beschert hat, Marx zu widerlegen, sondern aus den theorieimmanenten Prämissen den Punkt herauszuarbeiten, der das Theoriegebäude konstituiert, das denn auch logisch stringent aufgebaut ist.

    Dass dort der wunde Punkt liegt, wussten auch die kritischen Theoretiker: womit ich zu Adorno und Horkheimer komme, wie im Angesicht der Barbarei gleichsam notwendig sich richten mussten gegen den „säkularisierten Messianismus“ (Horkheimer) , als der sich ihnen der Marxismus entpuppte,“ eine Art Ersatzchristentum (aus dessen Ansatz) alle theoretischen Fehler (resultieren)“, wie Horkheimer, so von Pollock in den „Spänen“ festgehalten, formulierte:

    „Es ging um die Vergottung der Geschichte, auch bei den atheistischen Hegelianern Marx und Engels. Der Primat der Ökonomie sollen mit historischer Stringenz das glückliche Ende als ihr immanent begründen“, so Adorno an entscheidender Stelle der Negativen Dialektik und wendet sich mit seiner Kritik gegen die Vernunftkonzeption der Aufklärung an sich: denn „keine Universalgeschichte führt vom Wilden zur Humanität (Natural History bis Bürgertum, dann Sozialismus bei Marx, F.H.), sehr wohl eine von der Steinschleuder zur Megabombe.“ So Recht Adorno mit seiner Marxkritik da hat, so folgt daraus aber keineswegs die globale Verteufelung der Geschichte, wie er sie mit seiner „ negativen Anthropologie“ betreibt.

    Der Zweifel Adornos in der Einleitung zu seiner Negativen Dialektik, vielleicht langte die Interpretation nicht zu, die den praktischen Übergang verhieß“ muss radikalisierte werden auf die Frage(Fest-)stellung, ob: dass die Interpretation versagte, weil sie den Übergang verheißen musste, da sie ja dazu angelegt war ! Das trifft Horkheimer: „Zu den großartigen Leistungen von Marx zählt, dass er den verzweifelten Menschen (und sich selbst. F.H.) die Überzeugung gab, dass dieses Ziel nicht nur erreichbar sei, sondern „ wissenschaftlichen als geschichtlich notwendig nachgewiesen werden könnte.“ (GW 12).

    Daher ergibt sich das Postulat einer, nicht mehr, wie in den 70er Jahren (letztlich apologetischen) Rekonstruktion der Marxschen Theorie, sondern eine kritische Rekonstruktion im Sinne kritischer, das heißt positiver Überwindung und eben nicht ideologiegeleiteter Destruktion, was bei Hartmann und – ohne es so explizit zu formulieren, -Lange zum großen Teil analytisch durchgeführt wurde.

    Das hat die kritische Theorie nicht geleistet, sie hat immer auf dem marxschen Fundament argumentiert, ohne aber die Grundlagen selbst zu hinterfragen. Wo sie, wie hier oben, das tut, wird es zumindest bei Adorno umgekehrt: was bei dem einen zum Himmel auf Erden, wird bei dem andern zur Hölle auf Erden. Abrüstung bedeutet hier nun, die Kontingenz des Geschichtsprozesses zu begreifen und damit eine gelassenere Haltung – was nicht heißt, und da begegne ich gleich dem möglichen Vorwurf des Zynismus, passiv sich demgegenüber zu verhalten, einzunehmen, sowie das Horkheimer am Ende auch tat: mit dem dazu gehörigen Zug der Trauer.

    Auf der Ebene der Moderne-Postmoderne-Debatte ergibt sich nach der Zäsur von 1989:

    Am Ende jener steht die Erkenntnis, dass es die von der Geschichtsphilosophie motivierte, teleologisch nach vorne oder deterministisch gelenkte Entwicklungslogik nicht gibt, die im „esse per se ipse subsistens“ ruht, vom Weltgeist getragen wird, in der klassenlosen Heilsgesellschaft oder in der kommunikativen Reziprozität vernünftig Handelnder die Vorgeschichte beschließende Gemeinschaft endet.

    Eine Dialektik der Abklärung wäre Philosophiegeschichte als Theoriegeschichte einer Depotenzierung: das Naturrecht zuerst mit dann ohne den über allem stehenden Schöpfer, der aufklärerische Rationalismus gibt die Beherrschbarkeit der Welt zum Besten, Hegel depotenziert die positive Religion, Feuerbach das religiöse Verlangen, Marx den philosophischen Idealismus, die kritische Theorie den zur Religion erstarrten Marxismus, Habermas depotenziert die kritische Theorie….

    Nicht das unvollendete Projekt der Aufklärung als Habermas´sches Projekt der Moderne ist das Problem, sondern die unvollendete Aufklärung im Sinne von schlicht mangelnder Einsicht und Wissen, was Gemeinschaft, Herrschaft und Gesellschaft ist, die nach der Dialektik der Abklärung erst neu verstanden werden können:

    Entscheidend ist die Notwendigkeit der Aufgabe des Evolutionspostulats: es gibt Strukturbrüche in der Universalgeschichte. Das kann erst erkannt und wirklich begriffen werden, wenn keine evolutionäre Kräfte mehr für die e i n e große Theorie gebraucht werden.

    Jetzt heißt es zu fragen: was ist und woher kommt Geld, was ist Zins, wie kommt das Privateigentum in die Welt, ohne a priori zu bestimmen: Ware ist Arbeit ist Geld ist Kapital…, weil die Kategorien jeweils so sein müssen wie sie eingeführt werden.

    Wenn also abgeklärt wird, dass die klassische Ökonomie und darauf fußend auch die Marx´sche Kritik daran aufgrund ihrer normativen Prämissen wesentliche Einsichten in die Funktionsbedingungen verstellt haben, so heißt dies, dass wir erst heute über ein analytisches Instrumentarium verfügen, welches uns erlaubt, den Wirtschaftsprozess und damit Gesellschaft zu verstehen. Hier setzt die Eigentumsökonomik von Gunnar Heinsohn und Otto Steiger historisch ein:

    Was Peter Sloterdijk in seiner essayistischen Eleganz phänomenologisch mit seinem Begriff der Kinetik beschreibt, ergibt sich bei Heinsohn systematisch aus der Eigentumsökonomik mit der ihr inhärenten Dynamik, die alle Phänomene hervorbringt, die die anderen phänomenologisch bloß erfassen: die Mobilmachung der Beschleunigungsträger Sloterdijk´s ergibt sich aus dem permanenten Innovationszwang, Schuldendeckungsmittel, also geliehenes Geld samt Zins zu erwirtschaften.

    War Moderne dadurch gekennzeichnet, dass die Aufklärung angetreten war, den Menschen als Lenker und Beweger seiner Welt zu sich selbst kommen zu lassen, ohne sich in seiner Begrenztheit eingedenk zu sein, Moderne also das tätige Projekt der Verwirklichung dieses Anspruchs, so könnte man es als „postmodernes Wissen“ bezeichnen, dass dieser Anspruch überschüssig war und der Surplus an Anspruch folglich zurückzunehmen ist:

    Postmoderne ist heute insofern eine Suchbewegung im Sinne Albrecht Wellmers (Coda), als Aufklärung sich ohne Metaphysik neu zu reflektieren hat. Postmodern ist der Impuls, doch das Neue anzusetzen, aber nicht gegen die Vernunft, sondern mit einer auf ihr heilsames Maß zurückgeschraubten, abgeklärten, realistischen Vernunft, der bewusst geworden ist, dass die Erde weder Paradies noch Hölle, sondern nur ein kurzfristig zu bewohnender Hort ist, ohne uns Heimat zu werden im Bloch´schen Sinn: wobei dann möglicherweise doch die Metaphysik in der Seinsfrage nach einer Heidergger´schen Version relevant würde, sich nach einer Heidegger´schen Linken akut würde. Die Wahrheit der Metaphysik liegt in ihrem Bedürfnis – eben weil der Hort nur Hort bleibt. Akzeptierte man das aber unhintergehbar, die vielleicht wird er dann doch zu wohnlichen Heimstätte ?

    Die entscheidende Gewissheit, von der wir heute wohl alle ausgehen können, scheint die zu sein, dass wir keiner e i n e n g r o ß e n Erzählung mehr glauben können. Die große Erzählung vom Urmenschen mit der Keule, der sich entwicklungsgeschichtlich hoch und durcharbeitet zum Anzug tragenden Bewohner einer europäischen Metropole kann getrost als Mär ad acta gelegt werden. Der große Mythos der Evolution beziehungsweise der evolutionären Lehre von der Entwicklung des Lebens und der Arten, welche am Beginn des sozialwissenschaftlichen Denkens auch auf die Theorie der sozialen Evolution der Menschheitsgeschichte übertragen wurde gerät zum Menetekel europäischen Fortschritts-denkens, das im wesentlichen unser wissenschaftliches Bild noch heute prägt.

    Wer neu nachdenken will, muss genau hier ansetzen. Gunnar Heinsohn hat denn auch in seinen verschiedenen Studien zur Zivilisationstheorie die drei oben genannten Formen des Zusammenlebens von Menschen auf den Begriff gebracht:

    • Stammesgesellschaft, die auf Reziprozität beruht mit der neuen soziologischen Überschrift: Gemeinschaft

    • Feudalismus mit seinen historischen Erscheinungen als antiker Priester-Feudalismus, dem mittelalterlichen Feudalismus und der modernen Variante des Sozialismus, mit der neuen soziologischen Überschrift: Herrschaft

    • Die Privateigentumsgesellschaft in ihrer antiken kaufsklavenkapitalistischen und ihrer neuzeitlichen Variante mit freien Lohnarbeitern mit der neuen soziologischen Überschrift: Gesellschaft.

    Diese Neuaufteilung der Soziohistorie in Gemeinschaft, Herrschaft und Gesellschaft bedeutet im Kern, dass diese drei Formationen nacheinander aber auch nebeneinander bestanden haben oder bestehen können und dass sie in ihrer ökonomischen Funktionsweise wesentlich unterscheiden. Dabei bedeuten die unterschiedlichen Wesensmerkmale, dass die eine Gesellschaftsformationen nicht bruchlos in die andere übergehen kann und umgekehrt. Einen- wie von der Lehre der sozialen Evolution unterstellt – graduellen Übergang der einen Gesellschaftsformationen in die andere gibt es gerade nicht.

    Dieses wiederum bedeutet, dass man sich jede Formation eigenständig ansehen muss und es gerade auf den Zivilisationsbruch, beziehungsweise wie sich der Übergang von der einen zur anderen Formationen vollzieht, ankommt.

    In seinen Publikationen, die er teilweise mit Otto Steiger geschrieben hat

    • 1979(mit Otto Steiger et al.)
    Menschenproduktion: Allgemeine Bevölkerungstheorie der Neuzeit (suhrkamp)

    • 1984
    Privateigentum, Patriarchat, Geldwirtschaft (suhrkamp)

    • 1995
    Warum Auschwitz. Hitler´s Plan und die Ratlosigkeit der Nachwelt (rororo)

    • 1996 (mit Otto Steiger)
    Eigentum, Zins und Geld (Rowohlt)

    • 1997
    Die Erschaffung der Götter. Das Opfer als Ursprung der Religion (Rowohlt)

    • 2000
    Wie alt ist das Menschengeschlecht (mantis)

    • 2003
    Söhne und Weltmacht. Terror im Aufstieg und Fall der Nationen (orell füssli)

    • 2006 (mit Otto Steiger)
    Eigentumsökonomik (metropolis)

    beleuchtet Gunnar Heinsohn sowohl die Zivilisationsbrüche als auch die jeweiligen Formationen menschlichen Zusammenlebens in einer Weise, die deswegen neu und revolutionär ist, weil sie eben bewusst darauf verzichtet, eine allgemeine Theorie der Gesellschaft oder der Zivilisation geben zu wollen.

    Der Bogen der zivilisationstheoretischen Untersuchungen spannt sich von der Entstehung des Homo sapiens, dem ökonomischen Überlebensmechanismus der Stammesgesellschaft, der Entstehung von Opferkulten und feudalem Priestertum am Beginn der Frühantike sowie der daraus entstehenden Religion, über das In-die-Welt-Kommen des Privateigentums und damit von Zins und von Geld über das monogame Patriarchat der okzidentalen Antike, bis zur massentotbringenden Geburtenkontrolle der frühen Neuzeit bis zur europäischen Bevölkerungsexplosion und der Verbreitung der europäischen Zivilisation auf der Grundlage der eigentumsbasierten Geldwirtschaft samt Zinsdruck, technischen Fortschritt und zahlreicher überschüssiger Söhne.

    Im Kursbuch 162 wird aus dieser Kenntnis heraus in „Finis Germaniae“ der Abgang des Abendlandes ventiliert. Das erschreckt, klingt unerhört ! Nein, wir stehen am Beginn der Aufklärung. Es gibt noch viel zu denken, und mehr noch zu tun. Denken wir es an !

  4. Lieber Frank-C. Hansel,

    da Ihr ausführlicher Kommentar zu Ihrem Werk „Dialektik der Abklärung“ immerhin einige interessante Fakten über Heinsohn enthält, sehe ich davon ab, ihn als Kommentarspam zu löschen, obwohl ich ihn eher für Werbung als für einen Diskussionsbeitrag halte.

  5. Zuerst ein Lob und Dank an den Autor MartinM. Besonders zu; ein subjektives Fazit in drei Teilen.

    Die Kurzdarstellung von Heinsohn ist trotz der notwendigen Kritik überaus fair formuliert. Das ist nicht immer einfach, wenn man es mit einem erbarmungslos polarisierenden Autor wie Heinsohn zu tun hat. Die einen verfallen in persönliche Kritik, die anderen in beschämende Fußküsserei. So z.B. Frank-C. Hansel, was wiederum nicht verwundert, benennt er doch Heinsohn (an anderer Stelle) als seinen Guru.
    Nur wenn man mit großen Zugeständnissen den Text von Hansel liest, könnte man seine Kritik an Hegel, Marx und Feuerbach auf gewisse Weise gelten lassen und auch nur mangels philologischer Auseinandersetzung mit deren Texten. Doch darf mit Nachdruck die fatale und in weiten Teilen erstaunliche Nachlässigkeit und Selektivität derer, die zu Rate gezogen werden, herausgestellt werden: Hegel, Marx, Feuerbach, Adorno/Horkheimer – das sind in der aktuellen kritischen Philosophie, die die Aufklärung undogmatisch weitertreibt, nicht die wichtigen Personen.
    Es sind solche wie Hume oder Kant, Popper oder von den aktuellen Philosophen Dawkins, Albert
    oder Birnbacher. Da Hansel in seinem Aufsatz diese vollständig ausblendet mit seiner äußerst bedenklichen Prämisse des notwendigen Zusammenhangs von Wirtschaftstheorie und Aufklärung, fällt seine volle Theorie flach aus. Er kämpft gegen Gespenster und Schatten, die in der aktuellen Aufklärung keinerlei Rolle spielen. Das Problem dabei ist jedoch, dass man selber Geisterseher sein muss, um gegen solche zu kämpfen – am besten aber ist es doch, man schalte einfach das Licht seines Vernunftapparates ein – enlightenment oder auch Aufklärung/Erkenntnis genannt.
    Mit dem in all seinen Aufsätzen und Traktaten, überall wo möglich im Netz veröffentlichten, wiederkehrendem Abschlusssatz: Wir stehen am Beginn der Aufklärung. Es gibt noch viel zu denken, und mehr noch zu tun. Denken wir es an !“ …dreht sich Hansel in seinem selbstgebauten Labyrinth der großen Worte und jeder seiner Aufsätze verkommt so leider zu einer Werbereise für Heinsohn. Was allerdings immer noch besser ist als das eigene Buch bei Amazon als Eros selbst zu rezensieren, um es zu promoten. Vielleicht war ja sein Satz bei http://radio.rebell.tv/soziologie/frank-c-hensel.html ehrlich gemeint; beim Arbeiten verblödet man?

Schreibe einen Kommentar