Gedanken zum 8. Mai

7. Mai 2015 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Die alten Nazis
Die hatten wahrlich einen Sturm entfacht
Den sie bekamen
Und bald bekommen
Auch ihre Erben von den Göttern eins aufs Dach
Schon zur bedingungslosen Kapitulation
Hat mein Gott 1945 nur gelacht!

Duke Eibensang: Totengott-Ballade.

1.

Vor 30 Jahren sagte Bundespräsident Richard von Weizsäcker in einer Rede zum Kriegsende, der 8. Mai sei auch für die Deutschen ein „Tag der Befreiung” gewesen.
Damit brach er einen Bann, denn zumindest in der „alten BRD” galt der Tag der bedingungslosen Kapitulation weithin immer noch als (selbstmitleidigen Unterton dazu denken): „Tag des Zusammenbruchs”, „Tag unserer Niederlage,” „Tag, an dem der Krieg verloren ging”.

Tatsächlich war der 8. Mai – beziehungsweise der 9. Mai 1945 – der Tag, an dem Europa von „den Deutschen” befreit wurde.
Ganz im wörtlichen Sinne befreit wurden die von Deutschland besetzten und unterdrückten Länder, im weiteren Sinne wurde die Welt von einer alptraumhaften Bedrohung befreit. Einer Bedrohung durch ein Staatswesen, dessen „heimliches Staatsziel” millionenfacher Mord und Vernichtung waren. Die Todesfabriken funktionierten ja noch zu einem Zeitpunkt, als im deutschen Reich kaum noch etwas funktionierte. Oft hatte die Menschen-Massenvernichtung Priorität vor militärischen Erfordernissen. Und von wegen: „Lebensraum im Osten” und „Volk ohne Raum”! Es hätten die „deutschen und deutschblütigen” Siedler gefehlt, um die dezimierte, ausgemordete Bevölkerung in den eroberten Weiten Osteuropas auch nur ansatzweise ersetzen zu können. Es ging nicht nur Hitler darum, „das Judentum” und „den Bolschewismus” restlos „auszumerzen” – alles andere war diesem Endziel mehr oder weniger untergeordnet.

2.

An dieser Stelle einen Einschub: Es ist absehbar, dass mir – und mit mir dann gleich der ganzen Nornirs Ætt – ob dieses Textes der Vorwurf, „antideutsch” zu sein, gemacht werden wird.
Abgesehen, dass ich persönlich das kleine Häuflein „Antideutscher”, die nicht längst in ganz andere politische Lager gewechselt sind, bis hin zur „Querfront” mit offen Rechtsextremen, für „Nationalisten mit umgedrehtem Koordinatensystem” halte – wenn „wir Deutsche” schon nicht die „Größten” sind, dann wenigstens die „Bösesten” – bin ich wahrscheinlich tiefer in der deutschen Kultur verwurzelt, als die meisten selbsternannten Patrioten. „Inwändig Braune” verraten sich ja nicht von ungefähr so oft durch ihr stilistisch schlechtes Deutsch. Mit Fragen nach herausragenden deutschen Künstlern, Wissenschaftlern, Dichtern oder Philosophen kann man deutsche Nationalisten erstaunlich oft in Verlegenheit bringen. Nebenbei habe ich den dringenden Verdacht, dass der typische Träger eines „Odin statt Jesus” „T-Hemdes” von den „germanischen Göttern” weniger weiß als ein durchschnittlicher Marvel-Comic-Leser.

Nach dem Kriegsende waren die meisten – unverbesserliche Nazis ausgenommen – erleichtert, das „es endlich vorbei war.” Die meisten Deutschen wollten nicht zur immer schikanöseren, immer unberechbareren Diktatur zurück, und vom desaströsen Krieg hatten sie schon lange die Nase voll gehabt. Die katastrophalen Verhältnisse im besiegten Deutschland zwangen sie, das Überleben in den Mittelpunkt zu stellen.

Wenige Wochen nach der deutschen Kapitulation schrieb Thomas Mann in einem Brief aus dem kalifornischen Exil, die Deutschen sollten

„(…)sich jetzt nicht in erster Linie als Deutsche, sondern als Menschen fühlen, die es nicht zur Selbstbefreiung gebracht haben, sondern durch äußere Mächte zur Menschheit zurückgeführt werden mußten.(…)“

Das ist eine zutiefst humane Haltung, die aber offensichtlich Distanz erfordert – räumlich oder zeitlich, und in beiden Fällen vor allem politisch.

3.

„Wir lieben den Tod”, sagten die spanischen Faschisten im Bürgerkrieg; „¡Viva la muerte!” (Es lebe der Tod!) war der Wahlspruch des Gründers der francotreuen spanischen Legion, José Millán Astray. Die deutschen Faschisten dachten auch so, und praktizierten das, was sie dachten.

Dazu passt die Mentalität des „Bauherren Hitler”, der monumentale Gebäude so planen ließ, dass die Ruinen möglichst imposant aussehen würden. Wobei die wenigsten Deutschen, sogar die wenigsten Nazis, so todesverliebt gewesen waren. Die meisten wollten leben, und viele hatten die Illusion, in einem System des Todes und der Menschenverachtung auf die Dauer nicht nur überleben, sondern gut leben zu können.

„Es lebe der Tod!”- Ich halte es für keinen Zufall, dass die offizielle NS-Kunst und auch die großen Repräsentationsbauten der Nazizeit so leblos, starr, tot wirken, und dass so viele Nazi-Rituale den „Opfertod” verherrlichen.
Erich Fromm lag mit der von ihm so genannten „Nekrophilie” als Sozialcharakter nach meiner Einschätzung zwar daneben, aber er hatte insofern wohl recht, dass nicht allein Hitler, sondern auch sehr viele „gewöhnliche Deutsche” alles Spontane, Ungeplante, Lebendige verabscheute. Eine düsteren Weltsicht, die, vermute ich, die Kehrseite des nassforschen Optimismus des willhelminischen Deutschlands vor 1914 war, und die von der Vorstellung des unvermeindlichen Unterganges durchdrungen war. Der dann ja auch kam. Zum Glück weniger total, als es sich Hitler und zehntausende fanatische Nazis am Schluss erhofften.

Es war meines Erachtens auch kein Zufall, dass die Germanenideologen der Nazis in die „alten Germanen” die Vorstellung hineinprojezierten, sie hätten einen „heroischen Pessimusmus” gepflegt – „Freudig in den absehbaren Untergang, weil es das Schicksal und die Pflicht so bestimmen.“

4.

Zurück zur „Befreiung”. Von Weizäcker hatte, was „die Deutschen” angeht, streng genommen unrecht. Um befreit zu werden, muss man nämlich gefangen sein. Oder zumindestens unterdrückt. Das waren die meisten Deutschen vor 1945 eben nicht (und die meisten Österreicher, entgegen einer dort gern geglaubten Legende, auch nicht). Für jene Deutschen, die aus politischen, „rassischen” oder weiteren Gründen, die nur in Unmenschens Denkwelt „Verbrechen” sind, im Gefängnis oder im KZ saßen, war das Ende Nazideutschlands ganz wörtlich eine Befreiung. Eine Befreiung, von einer gewaltigen Last, war es auch für all jene, die jeden Tag damit rechnen mussten, dass die Gestapo oder das Greifkommando der SS an die Tür klopfte. Für die ins Exil geflüchteten Verfolgten des NS-Regimes war der 8. Mai ein Tag der Erleichterung, der inneren Befreiung.

Militärhistorisch ist der Sachverhalt eindeutig. Die Deutschen – und die Österreicher – wurden besiegt und besetzt, nicht befreit. In der U.S. amerikanischen Direktive JCS 1067 heißt es unter Punkt 4 b eindeutig:

Germany will not be occupied for the purpose of liberation but as a defeated enemy nation. Your aim is not oppression but to occupy Germany for the purpose of realizing certain important Allied objectives. In the conduct of your occupation and administration you should be just but firm and aloof. You will strongly discourage fraternization with the German officials and population.

Deutschland wird nicht zum Zwecke der Befreiung besetzt, sondern als eine besiegte feindliche Nation. Ihr Ziel ist nicht die Unterdrückung, sondern Deutschland zum Zwecke der Verwirklichung bestimmter wichtiger Ziele der Alliierten zu besetzen. Bei der Durchführung Ihrer Besetzung und Verwaltung sollten Sie gerecht, aber streng und unnahbar sein. Sie werden entschieden der Verbrüderung mit den deutschen Amtsträgern und der Bevölkerung entgegenwirken.

5.

Sebastian Haffner, einer jener, die aus Deutschland fliehen musste, schrieb im britischen Exil das handbuchartig angelegten Werk „Germany. Jekyll and Hyde” in dem er ein Soziogramm des NS-Staates entwickelt. In ihm erläutert Haffner den britischen Lesern das Beziehungsgefüge innerhalb der deutschen Gesellschaft der Nazizeit, die er in „Nationalsozialisten” (20 % der Bevölkerung), „loyale Bevölkerung” (40 %), „illoyale Bevölkerung” (35 %) und „Opposition” (5 %) einteilte.
Zumindest zwei dieser Schätzungen hatten Hand und Fuß, waren belegbar: die 20 % Nazis aus den Wahlergebnissen der Zeit vor 1933, die auf einen „harten Kern” von 20 % NSDAP-Anhängern schließen ließen. Außerdem hatten Faschistische und andersweitig Rechtsextreme auch in den Demokratien Westeuropas in den 30er Jahren ebenfalls rund 20% Stammwähler.
Die fünf Prozent „Opposition” entsprangen der enttäuschenden Erkenntnis der Exildeutschen darüber, dass das „Andere Deutschland”, auf das sie ihre Hoffnung gesetzt hatten, buchstäblich keine Massenbasis hatte.
Nachkriegsuntersuchungen der Allierten zeigten, dass es tatsächlich nur ungefähr magere fünf Prozent „Nazigegner” gab, die wirklich welche waren, und es nicht nur aus opportunistischen Gründen im Nachhinein behaupteten.
„Illoyale Bevölkerung” bedeutet übrigens nur „Nicht-Nazi”. Bei ihnen reichte es vielleicht zur üblichen Wut gegen „die da oben”, zu mehr aber nicht. Die meisten von ihnen dachten, wie Nachkriegsuntersuchungen zeigten, fatalistisch: „Ja, schlimm, aber was hätten wir kleinen Leute denn machen können?” Somit standen – wenn wir bei Haffners Schätzungen bleiben – 60 % „pro Naziregime” nur 5 % „contra Naziregime” gegenüber.

Um mich nicht dem Vorwurf der Selbstgerechtigkeit der Nachgeborenen auszusetzen: Ich halte es für eher Unwahrscheinlich, dass es bei mir zum „Oppositionellen“ geschweige denn Widerständskämpfer gelangt hätte. Wahrscheinlich hätte ich, zumindest bis 1941, vieles an der Nazi-Regierung gut und richtig gefunden, und dass ich nicht nur „Mitläufer”, sondern „Mittäter” geworden wäre, ist keineswegs unwahrscheinlich.

6.

Die NSDAP hatte es nie in einer demokratischen Wahl zur absoluten Mehrheit gebracht. Aber die Deutschen hatten in ihrer überwältigenden Mehrheit viele der Maßnahmen der Dikatur begrüßt und die meisten Österreicher bejubelten den „Anschluss” 1938. Beim Überfall auf Polen 1939 konnten die Berichte der Gestapo zur Lage im Reich hingegen nur wenig Kriegsbegeisterung feststellen. Hitlers Popularität erreichte im Juli 1940 ihren Höhepunkt, als viele hofften, dass die Niederlage Frankreichs unmittelbar bevorstehenden Frieden bedeuten könnte. Sie ging mit dem Überfall auf die UdSSR zurück – wohl nicht aus Symphatie mit „den Russen”, sondern, weil ein Sieg über das Riesenreich vielen sehr zweifelhaft erschien. Aber bedrückend viele Deutsche und Österreicher hielten ihrem „Führer” bis zum bitteren Ende die Treue.

Die Meinungen zum Krieg und zur Niederlage gingen in der deutschen Bevölkerung dementsprechend im Mai 1945 weit auseinander.

7.

Auf einer ganz subjektiven, sehr persönlichen Ebene, fühle ich mich, obwohl ich lange nach der verdienten Niederlage Nazi-Deutschlands geboren wurde, befreit. Denn dank der totalen Niederlage, und auch dank des Umstandes, dass auf Seiten der Sieger die Humanität über das Vergeltungsdenken obsiegte, bekam ich die Chance, in einem demokratischen Land aufzuwachsen.

Ja, der „Sieg über das Rachedenken” gilt auch für die UdSSR, die beiläufig bemerkt, eine ziemlich widerliche Diktatur war! Anderseits hat kein Staat so sehr unter dem deutschen Vernichtungkrieg gelitten wie die UdSSR, und die Hauptlast des Kampfes lag bei der Roten Armee. Es wäre, vermute ich, ein Leichtes gewesen, das russische Volk davon zu überzeugen, dass Deutschland vernichtet werden solle. Aber sogar ein Stalin, und sogar die nicht eben zimperliche sowjetische Propaganda, differenzierte zwischen „den Faschisten” und dem deutschen Volk. Wahrscheinlich nicht aus uneigennützigen Motiven. Aber es ist das Ergebnis, das zählt!

Sicher, es gab Demontagen – in der Sowjet-Zone vor allem, um das eigene, von deutschen Aggressoren zerstörte Land wiederaufzubauen. Die Westzonen hatten das Glück, dass deutsche Truppen das besetzte Frankreich nicht so verheert hatten wie Osteuropa; dass die Kriegsschäden in Großbritannien im Vergleich zu denen im Westen der UdSSR überschaubar und jene der USA nicht nennenswert waren. Allerdings: Demolagen, „Demontagen mit Dynamit”, also mutwillige Zerstörung ohne weitere Nutzung, gab es fast nur in den Westzonen. Noch 1949 bestand die britische Millitärverwaltung zum Beispiel darauf, dass die großen Trockendocks im Hamburger Hafen gesprengt werden müssten. Dazu kam es nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland dann nicht mehr.

Es gab Vertreibungen – brutal, gegenüber den Vertrieben als Einzelpersonen meistens ungerecht, aber aus politisch nachvollziehbaren Gründen. Es gab Plünderungen und Vergewaltigungen – wie in jedem Krieg.

Eines gab es aber nicht: Systematische Rache!

Die Angst vor Racheakten war übrigens bei Tätern und Mittätern am Größten – sie fürchten vor allem, dass „die Russen” das mit ihnen machen würden, was Deutsche zuvor Russen angetan hatten.

8.

Und noch etwas ist gab es seitens der allierten Regierungen und Militärverwaltungen nicht: Den Kollektivschuldvorwurf.

Die Vorstellung einer „Kollektivschuld aller Deutschen” spielte in der allierten Politik nach 1945 keine wesendliche Rolle, nicht im Westen und auch nicht in der Sowjetzone. Mitte des Jahres 1947 gaben auch die USA in ihrer Zone die z. T. von einer Bestrafungslogik geprägte harte Haltung der Direktive JCS 1067 auf – und zwar aus Gründen der wirtschaftlichen Vernunft.
Eine umso größer Rolle spielt die „Kollektivschuld” dagegen unter Deutschlands Unbelehrbaren. Es war für die Täter und Profiteure ja auch irgendwie angenehm: Sind „alle” Schuld, gibt es keine „Schuldigen” mehr.

Noch heute gehört die Behauptung, die Deutschen seien einem Kollektivschuldvorwurf ausgesetzt oder ausgesetzt gewesen, zur rechtsextremen Rhetorik. Untermalt wird sie, bis heute, mit selbstmitleidigem Mimimi. In der Opferrolle fühlen sich Täter und ihre geistigen Nachkommen anscheinend besonders wohl. Selten fehlen darf dabei der Hinweis auf alliierte Kriegsverbrechen – die es zweifellos gab, aber in welchem Krieg gibt es keine Kriegsverbrechen? Gern genommen wird auch die Behauptung, „die Juden” hätten angeblich „Mitschuld” daran, millionenfach ermordet worden zu sein; noch häufiger hört man die Behauptung, sie hätten vom Holocaust politisch profitiert, jedenfalls „irgendwie”. Sekundärer Antisemitismus:

„Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen”.

(Zvi Rex, israelischer Psychoanalytiker.)
Weit über die Braunzone hinaus, in der ach so gemütlichen „Mitte der Gesellschaft”, wird Pauschalkritik am Staat Israel in Form von NS-Vergleichen geübt und als Antizionismus ausgegeben.

Schulddenken ist so herrlich bequem: es betäubt Skrupel, es entlastet von unbequemer Verantwortung und von schlechtem Gewissen. Mitunter sogar dann, wenn man selbst auf der Seite der „Schuldigen” steht.

Kollektivschulddenken, in jeder Form, überlebt den Kontakt mit der Wirklichkeit, mit wirklichen, lebendigen Menschen aus dem „schuldigen Kollektiv” nicht allzu lange.
Die christliche fixe Idee einer „Kollektivschuld der Juden” an der Hinrichtung Jesus von Nazareths konnte nur deshalb so lange fix bleiben, weil nur wenige Christen direkten Kontakt mit Juden hatten.
Die noch weitergehende Kolektivschuld „der Juden” gemäß Naziideologie – die Juden waren für Naziideologen buchstäblich an allem schuld – funktionierte nur, indem Nazi-Vordenker und -Nachbeter die konkreten, lebendigen jüdischen Menschen entmenschlichten und auf „den ewigbösen Juden” reduzierte. Der „Reichsführer SS”, Heinrich Himmler, beklagte sich nicht von ungefähr darüber, dass „jeder einen Juden kennen würde”. Persönliche Bekanntschaft, mit dem Verdacht, dass entgegen der Ideologie auch Juden gewöhnliche Menschen waren, war aus Himmlers Sicht Sand im Getriebe der gut geölten Mordmaschinerie.

Die direkte Konfrontation, und sei es die im Kampf, erforderte differenzierteres Denken – allein, um den Gegner richtig einschätzen zu können. Selbst das Prinzip „no fraternisation” konnte seitens der US-Besatzungsbehörden nicht lange durchgehalten werden – die Direktive JCS 1067 war auch in dieser Hinsicht praxisfern. In den anderen Besatzungszonen war es nie so streng formuliert worden.

9.

Es kam, trotz allem, auch nach 1945 nicht zum völligen Bruch mit den Traditionen und Strukturen, die den Nazifaschismus möglich gemacht hatten. „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem dies kroch”. Es war sogar Tätern im Terror- und Verfolgungsapparat möglich, sich der Bestrafung zu entziehen. Wie gut sich diejenigen, die aktiv und willig für das NS-Regime tätig gewesen waren, nach 1945 in den Westzonen und später in der jungen Bundesrepublik integrieren konnten, ist hinlänglich bekannt. In der Sowjetzone und später der DDR wurden Täter konsequenter verfolgt. Allerdings galt die SED nicht von ungefähr als „die große Freundin der kleinen Nazis”.

Aber trotz aller personeller und struktureller Kontinuität wurden weder die BRD noch die DDR auf dem Fundament der abgeschafften NS-Ordnung aufgebaut. Es gab glücklicherweise mehr als genug Deutsche, darunter auch „reuige Nazis”, die gewährleisteten, dass die Nachfolgestaaten des untergegangenen Deutschen Reiches nicht „faschistischer” waren als andere europäische Staaten. Das heutige Deutschland ist keine Musterdemokratie, es gibt viel zu viel Rassismus, Antisemitismus usw., aber seitens der großen Mehrheit der Bevölkerung ist es nicht undemokratischer als die Nachbarstaaten. Das ist übrigens auch ein Verdienst der viel geschmähten „68er”.

Aber völlig befreit von den Denkstrukturen, den Ideologien und den ökonomischen Strukturen, die Vernichtungskrieg und Milionenmord möglich machten, sind wir leider noch nicht.
Es ist an uns, uns vom (un-)geistigen Erbe nicht nur des „Nationalsozialismus”, sondern auch seiner Vorläufer und geistigen Verwandten zu befreien!

Denn er ist Gott
Auch grad der Toten
Besonders jener, die man umgebracht
So wie es stank aus deutschen Schloten
So stinkt ihm heut’, was man aus seinem Namen macht
Er kommt millionenfach geritten in der Nacht!

Er ist ein Denker und Schamane
Der Rausch des Zorns, und der Poeten Macht
Der Herr der Geister, und mein Ahne
Der Krieger, der zuerst kommt und der zuletzt lacht
Und dieses Lied hier ist Bestandteil seiner Schlacht!

Duke Eibensang, Totengott-Ballade

Martin Marheinecke, 7. Mai 2015

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