Deutscher Erzbischof will Blasphemie verbieten

2. August 2012 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Der Erzbischof von Bamberg, Ludwig Schick, fordert, dass Blasphemie gesetzlich verboten werden müsse.
Ein Gesetz „gegen die Verspottung religiöser Werte und Gefühle“ sei nötig. Das Gesetz soll nicht nur Christen schützen, sondern „heilige Gegenstände und Geräte aller Religionen“.
Erzbischof will Gotteslästerung gesetzlich verbieten (DerWesten.de)
Bischof fordert Anti-Blasphemie-Gesetz (Süddeutsche.de)
„Verspottung religiöser Werte“ Erzbischof will Gotteslästerung bestrafen (Stern.de)

Lesenswerter Kommentar von „einfach Ben“ (Piratenpartei Bamberg): Gotteslästerlicher Wein und meinungsfreies Wasser

Ein Blick nach Russland zeigt, wohin ein Blasphemieverbot führen kann bzw. für was es machtpolitisch „nützlich“ ist: Punkband „Pussy Riot“ wegen Blasphemie in Moskau angeklagt (DeRadio.de)

Gastkommentar von Alexander Görlach auf „Der Standard.at“: Prozess gegen Pussy Riot in Russland: Tabu Gotteslästerung

Schick, dass sich Bigotterie so deutlich entlarvt!

Nehmen wir einmal den guten Hohepriester aus Bamberg beim Wort: Schick fordert nicht nur das Christentum, sondern alle Religionen durch ein „Gesetz gegen die Verspottung religiöser Werte und Gefühle“ zu schützen.
Einmal abgesehen davon, dass Ásatrú nach unserem Verständnis gar keine Religion ist, ist es ganz witzig, sich die Konsequenzen auszumalen, die ein Gesetz hätte, das auch die Werte und Gefühle des „germanische Neuheidentum“ beschützen würde.
Recht angenehm wäre es, alle Nazis und sonstigen „Rassequassler“, die sich heilige germanische Symbole unter den Nagel reißen, bestrafen zu können. Anderseits sehe ich mit Grauen der Möglichkeit entgegen, dass humorbefreite „Germanengläubige“ zum Beispiel gegen Comicverfilmungen wie „Thor“ oder „The Avengers“ klagen könnten. In letzterem wird sogar ein nordischer Gott brutal verprügelt und mit der Bemerkung „Was für ein mickriger Gott!“ verhöhnt! Wenn das keine Gotteslästerung ist!!!! (Dass Loki sich die Prügel redlich verdient hat, spielt bei solchen Dingen bekanntlich keine Rolle.)
Nimmt man die nachgewiesenen historischen Opferpraktiken germanischer Stämme vor der Christianisierung zum Maßstab, dann müssten gelegentliche Menschenopfer – natürlich nur, wenn sie angemessen sind und einem guten gemeinschaftlichen Zweck, wie z. B. der Beendigung einer Hungersnot dienen – tolerabel sein. Und wehe, jemand ermittelt dann wegen Mord: „Blasphemie! Einschränkung der Religionsfreiheit! Missachtung einer alten Tradition!“

Der kleine Vorteil, eventuell etwas gegen Symbolmissbrauch durch Faschos unternehmen zu können, würde die möglichen negativen oder schlicht absurden Folgen eines auf Ásatrú ausgedehnten Blasphemieverbotes nicht aufwiegen. Geschweige denn die Gefahr, die ein allgemeines Blasphemieverbot für die Demokratie und das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit bedeuten würde. Die Menschenrechte sind uns heilig!
(Außerdem wissen wir, dass unsere Götter Humor haben.)

Davon abgesehen ist zu befürchten, dass ein Blasphemieverbot im Sinne Schicks aller Wahrscheinlichkeit nur für drei, fünf, sieben oder bestenfalls zwölf „anerkannten Weltreligionen“ und nicht etwa für „Sekten“, „Teufelskulte“, „Stammesmagie“, „neoprimitive New-Age-Phantasien“ usw. usw. gelten würde.

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Ein Kommentar
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  1. […] Harte Gesetze gegen “Blasphemie” werden auch hierzulande gefordert. Von Politikern, von Kirchenvertretern, was niemanden überraschen wird, aber auch leider von Kulturschaffenden, wie dem Schriftsteller […]

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