Christinisierung als politischer Schachzug

19. Juli 2013 | Von | Kategorie: Wissenschaft

Dass Harald Blåtand das Christentum auch aus politischen Gründen einführte, ist bekannt. Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass seine Behauptung, Dänemark sei unter seiner Herrschaft ein christliches Land geworden, eine politische Zweckbehauptung gewesen sein könnte, da viele Dänen im Privaten nach wie die alten Götter verehrten.

Auf dem größeren der beiden aus dem 10. Jahrhundert stammenden Jelling-Steinen steht, dass Harald ganz Dänemark und Norwegen gewann und die Dänen zum Christentum bekehrte.

Dieser Runenstein war ein deutliches Machtsymbol. Harald signalisiert anderen Herrschern, dass er in Dänemark regiert und alle Verhandlungen über ihn laufen sollten. Er zeigte, dass der Schritt weg von der traditionellen Stammesgesellschaft und der oft nur auf Zeit verliehenen begrentzten Autorität eines „Heerkönigs“ zur zentral regierten Monarchie nach fränkischem Vorbild vollzogen war.
Außerdem war das Christentum zu dieser Zeit in Europa schon weit verbreitet. Als christliches Land hatte Dänemark es wahrscheinlich leichter, als Teil des europäischen Macht- und Wirtschaftssystems akzeptiert zu werden.

Im heutigen Dänemark – von einem einheitliche Königreich kann frühestens ab Harald die Rede sein, auch wenn es schon eine lange Reihe „dänischer Könige“ vor ihm gab – begann das Christentum allmählich seit dem neunten Jahrhundert Fuß zu fassen. Trotz der fleißigen Werbung der Missionare sehr allmählich. Außerdem entsprach der öffentliche Glaube nicht immer dem privaten Glauben.

Dass der Übergang vom Heidentum zum Christentum langsam war, wird anhand zahlreicher Funde, die in der großen Wikinger-Ausstellung in Kopenhagen gezeigt werden, deutlich. Markantes Beispiel sind Gussformen, mit denen nicht nur Kreuzanhänger, sondern auch Thorshämmer gegossen werden konnten.
(Auch der große Jellingstein selbst zeigt diesen religösen Synkretismus in Form des Fenriswolfes auf der Rückseite.)

Harald Blauzahns Fähigkeiten, Bündnisse zu schließen, ist zumindestens in Skandinavien bis heute sprichwörtlich – das Bluetooth-Protokoll zum drahtlosen Datenaustausch auf kurze Entfernung, das 1998 von einer Interessengruppe aus Ericsson, Nokia, IBM, Toshiba und Intel als Industriestandard entabliert wurde, wobei der schwedische Konzern Ericsson federführend war, ist nach ihm benannt. Das Bluetooth-Logo ist eine Binderune aus Harald Blåtands Initialien.

Zur Wikingerzeit wurden Bündnisse nicht viel anders geschlossen als heutzutage. Die Herscher machten sich auf der poltischen Bühne sichtbar, sie trafen sich mit Gleichgestellten auf „internationalen“ Konferenzen, sie knüften Beziehungen und schlossen Bündnisse.

Anne Pedersen, Historikerin und Kuratorin am Dänischen Nationalmuseum, sagt, dass einige die eine Religion praktiziert hätten, und andere eine andere. Aber das könnte auch darauf hinweisen, dass selbst nachdem das Christentum offizielle Religion geworden war, die alte Religion weiterhin im privaten von einzelnen Menschen ausgeübt wurde. Für einige könnte das Christentum etwas gewesen sein, das nach außen hin praktiziert wurde.

Dennoch nahm im Laufe der Zeit die Anzahl der christlichen Symbole auf den Fundstücken zu. Jesus, das Kreuz und das Lamm wurden auf Armreifen, Broschen und Anhängern immer beliebter.
Das könnte darauf hinweisen, dass das Volk das Christentum annahm, aber auch, dass Christen aus verschiedenen Gründen, die nicht im religösen Bereich lagen, bewundert wurden, zum Beispiel wegen ihrer Macht und wegen ihres Reichstums.
Pedersen sagt, dass einige Objekte eindeutig Moden zeigen, die von anderen Ländern und Kulturen übernommen wurden. Damals neigten die Leute, wie heute, dazu jene nachzuahmen, zu denen sie dagehören und mit denen sie verglichen werden wollten.

Die große Wikinger-Ausstellung wird noch bis zum 17. November in Kopenhagen zu sehen sein, danach wird sie in London (März – Juni 2014) gezeigt werden und dann in Berlin (September 2014 bis Januar 1015).

Exihibition Viking 2013

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