Archäologen profitieren vom Bau der Ostsee-Pipeline

16. April 2011 | Von | Kategorie: Wissenschaft

Die „North Stream“ genannte Erdgaspipeline auf dem Grund der Ostsee ist ökonomisch, ökologisch und vor allem politisch sehr umstritten. Unumstritten ist ihr Bau ein Glücksfall für Archäologen: bei Verlegen der Pipeline stießen die vom „North Stream“-Konsortium beauftragten Bauunternehmen auf bedeutende Schiffswracks, und für die teure Erforschung und Bergung muss „North Stream“ aufkommen.

Rund 70 Wracks lokalisierte das Unternehmen – darunter zahlreiche teils jahrhundertealte Segelschiffe, aber auch Zerstörer und sogar ein Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg.
Besonders bekannt wurden die Überreste einer vor Gotland im Sturm gesunkenen Flotte der Hanse, für deren Untersuchung und Bergung eigens das von North Stream gesponsorte Projekt HUMA Gotland („Heritage Underwater Maritime Archaeology Gotland“) gegründet wurde.
Die Archäologen des HUMA-Projekts untersuchen die Überreste eines der schlimmsten Schiffsunglücke der Ostsee: im Jahr 1556 sanken in der Nacht vom 28. auf den 29. Juli hier 15 in Kraweelbauweise gebauten Schiffe der dänisch-lübischen Flotte, nachdem ihr Admiral Warnungen über ein bevorstehendes Unwetter ignoriert hatte. Bis zu 7000 Seeleute fanden schließlich den Tod.

Die meisten Wracks ruhen an Stellen, an denen sie durch die Baumaßnahmen gar nicht in Mitleidenschaft gezogen würden. In manchen Fällen war dies indes nicht der Fall. Vor der deutschen Küste lag ein das Wrack eines kleinen Schiffes in der Trasse der Pipeline, das trotz seiner Unscheinbarkeit eine besondere Geschichte erzählt. Er stammt aus dem Jahr 1715, dem Jahr der entscheidenden Wende im Großen Nordischen Krieg (Schweden gegen Dänemark, Russland, Sachsen und später auch Preußen – der 15 Jahre dauernde Krieg besiegelte das Ende der schwedische Vormacht in Nordeuropa). Weil die Gegner Schwedens durch den Greifswalder Bodden in den Strelasund und zur Südküste Rügens mussten, versenkten die Schweden in der hier nur wenige Meter tiefen Ostsee rund 20 Schiffe, um eine fast einen Kilometer lange Sperre zu errichten. Tatsächlich konnte so mindestens ein Angriff der Dänen zurückgeschlagen werden. Eines der Schiffe, das nahe an der Trasse lag, wurde umfassend untersucht.

Mehr im ausführlichen epoc-Artikel Millionengrab Ostsee von Jan Dönges.

Sehr lesenswert auch englischsprachige Website des HUMA Gotland.

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